Probeliegen im Sarg:Wie bequem ist der Tod?

Lesezeit: 2 min

Auch bei der "Life Ending Industry"-Messe in Japan vergangenen Monat konnten Besucher Särge testen. (Foto: REUTERS)

Im westfälischen Hamm macht Bestatter Heinz Nettebrock seinen potenziellen Kunden ein ungewöhnliches Angebot - glaubt aber nicht, dass es jemand annimmt.

Interview von Sophie Burfeind

"Probeliegen! Denn es betrifft jeden", ist derzeit auf Plakatwänden in Hamm in Westfalen zu lesen. Es ist Werbung für den ersten Hammer Bestattertag am Wochenende. Heinz Nettebrock, 64, arbeitet seit 30 Jahren als Bestatter in der Stadt und gehört zu den Initiatoren.

SZ: Herr Nettebrock, in wie vielen Särgen haben Sie denn schon Probe gelegen?

Heinz Nettebrock: Ich habe noch in keinem Sarg Probe gelegen, das war auch mehr provokativ gemeint. Wir wollen damit auf das Problem aufmerksam machen, dass Leute sich zu wenig mit ihrem Tod beschäftigen.

Glauben Sie, dass jetzt Menschen kommen, um Särge zu testen?

Nein, glaube ich nicht. Da ist die Hemmschwelle zu groß, selbst ich würde mich nicht probeweise in einen Sarg legen.

Wenn man tot ist, merkt man ja sowieso nicht mehr, ob ein Sarg unbequem ist.

Das stimmt. Bei dem Bestattertag geht es ja eigentlich auch darum, dass die Leute die Scheu vor den Bestattungsinstituten verlieren. Wir möchten, dass sie sich informieren, welche Möglichkeiten der Bestattung es gibt. Für viele Menschen ist es beruhigend zu wissen, dass die Bestattung so durchgeführt wird, wie sie sich das zu Lebzeiten gewünscht haben.

Geht es letztlich nicht einfach um Werbung? Die Deutschen geben ja immer weniger Geld für ihre Beerdigung aus.

Das ist ein Trend, dass sehr genau auf Kosten geachtet wird und dass man die Angebote verschiedener Bestattungsinstitute vergleicht. Gerade in den großen Städten, wo viele Menschen anonym leben, wird immer weniger Wert auf eine klassische Beerdigung gelegt.

Es gibt ja mittlerweile auch etliche günstige Online-Anbieter in Ihrer Branche.

Es gibt Sonderangebote von fragwürdigen Firmen - am Ende werden diese Preise aber nie eingehalten. Wir in Hamm leiden darunter aber weniger als Bestatter in Köln oder Dortmund.

1 / 1
(Foto: Moritz Kaufmann)

Heinrich oder Heinz Nettebrock, wie er meist genannt wird, ist Schreiner und Bestatter. Der 64-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender des Bestatterverbands in Hamm, der am Wochenende zum Bestattertag einlädt. (Foto: Moritz Kaufmann)

Heißt das, dass Särge und Urnen immer billiger werden?

Der Trend geht eindeutig zu preiswerteren Särgen und zur günstigen Feuerbestattung. Die Urnen werden aber oft mit Dingen gestaltet, zu denen der Verstorbene einen Bezug hatte - mit einem Segelboot oder dem Logo des Fußballvereins.

Dem Fußballverein?

Das gibt es öfter, auch wenn ich das nicht so passend finde. Es gibt aber auch Vereine, die haben das verboten, der FC Bayern München zum Beispiel.

Auf anderen Plakaten Ihrer Aktion steht unter einem Leichenwagen "Probefahrt!" und unter einem Leichenhemd "Probe-Outfit!". Ist das nicht arg makaber?

Wir haben lange diskutiert, die jüngeren Kollegen waren weniger skeptisch als ich. Aber wenn ich sehe, wie Werbung heute gemacht wird, muss es wohl so sein, damit Leute überhaupt reagieren.

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Serie: Helden der Arbeit
:Der Tod als täglicher Begleiter

Thomas Sommerfeld arbeitet als Bestatter und ist darauf spezialisiert, Verstorbene zu konservieren und rekonstruieren. Es klingt zum Teil verstörend, was er von dieser Tätigkeit erzählt. Er sieht darin aber mehr Sinn als in seinem früheren Job. Trotzdem gibt es Momente, die auch für ihn hart sind

Von Eva Casper

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: