Prämierte Spitzenküche:Zuckungen in der Zunge

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Das beste Restaurant der Welt liegt an der Costa Brava - sagt nun auch das englische Restaurant Magazine. Für den Chef vom "El Bulli", Ferran Adria, ist das nur eine von vielen Auszeichnungen.

Peter Burghardt

Titel hat der Hexenmeister der Küche schon viele bekommen, da war diese Auszeichnung nur noch Routine.

Der Chefkoch bei der Arbeit: Ferran Adria. (Foto: Foto: AFP)

Für die New York Times ist Ferran Adria längst der beste Koch auf Erden, das Time-Magazin nahm ihn auf in den Kreis der 100 einflussreichsten Menschen, und drei Michelin-Sterne trägt sein Gourmettempel "El Bulli" in Roses an der Costa Brava seit zehn Jahren.

"Er macht die aufregendsten Sachen in unserem Beruf", schwärmt Altmeister Paul Bocuse. Auf Fachmessen wird der 44-jährige Katalane wie ein Popstar gefeiert, gut gewürzte PR gehört auch zu seinen Spezialitäten.

Nun hat das englische Fachblatt Restaurant Magazine den großen Adria auf einen weiteren Schild gehoben und sein El Bulli wie bereits 2002 zum besten Restaurant der Welt gekürt.

Eine Jury von 560 Experten wählte das Lokal in Spaniens Nordosten zum zweiten Mal auf Platz eins, diesmal gefolgt von "The Fat Duck" des Briten Heston Blumenthal und Pierre Gagnaire aus Frankreich.

Es geht vor allem um experimentelle Physik und Chemie

Zwei baskische Lokale sind auch noch unter den ersten Zehn, "Arzak" aus San Sebastian und "Mugaritz" aus dem Nachbarort Renteria, was den Stellenwert vor allem von Basken und Katalanen bei den fortschrittlichen Feinschmeckern dieses Planeten bestätigt.

Die Spezialisten prämierten "die kreative Entwicklung" von Adria und Mitbesitzer Juli Soler, der El Bulli 1981 eröffnete. Verliehen wurde der Preis standesgemäß im Londoner Wissenschafts-Museum - es geht schließlich außer um den guten Geschmack vor allem um experimentelle Physik und Chemie.

Ferran Adria gilt in seiner Fangemeinde als der führende Alchemist am Herd, Lebensmittel bestehen für ihn aus Molekülen. Gerne nimmt er diese auseinander und setzt sie wieder zusammen, in vorher unbekannter Form und oft mit Zutaten aus fernen Ländern. In seinem Labor in Barcelona entstehen während der Wintermonate die kuriosesten Schöpfungen, die dann während der gerade beginnenden Saison bei El Bulli auf den Tellern staunender Gäste mit viel Geld und Geduld landen.

Adria würde sich als Koch für Harry Potter eignen

Beim Erfinder mit der Schürze wird Milch mit Pfefferblüten zur elektrisierenden Oblate und lässt die Zunge zucken wie beim Lecken an der Batterie. Popkorn verwandelt sich zu Pulver, mit Baumwolle versetzt, der Zuckerrohrschnaps-Cocktail Caipirinha gefriert zu Kügelchen, Spargelstangen sehen aus wie sphärische Eier, Kaffee-Kaviar gibt es auch.

Das muss man mögen, interessant schmeckt es in jedem Fall. Mittlerweile besitzt Adria auch einen Lehrstuhl an einer Madrider Uni und würde sich als Koch für Harry Potter eignen. Nebenbei veröffentlicht er Bücher, wirbt für Chips und betreibt einen gehobenen Schnellimbiss namens "Fast Good", der in der Kritiker-Bestenliste bisher keine Erwähnung fand. Adria sagt, er verstehe noch wenig vom Kochen. "Allein, sich bei Tomaten auszukennen, dauert ein ganzes Leben."

© SZ vom 13.04.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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