Persönlichkeitsgutachten:Die vielen Gesichter der Wahrheit

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Im Prozess gegen Ex-TV-Moderator Andreas Türck attestiert eine Gutachterin dem angeblichen Opfer Katharina B. eine "sehr labile Persönlichkeitsstruktur". Ihr Verhalten zeige schizophrene Züge.

Detlef Esslinger

Im Vergewaltigungsprozess gegen den ehemaligen Fernsehmoderator Andreas Türck hat die Anklage einen Rückschlag hinnehmen müssen.

Die Psychologin Edda Gräfe gab als Sachverständige vor dem Frankfurter Landgericht zu verstehen, dass sie die Darstellung des angeblichen Opfers für wenig glaubhaft hält.

Bei der heute 29-jährigen Katharina B. handele es sich um eine psychisch sehr labile Frau. Ihre Persönlichkeitsstruktur befinde sich "im Grenzbereich zu einer Störung".

Gräfe ist die erste von zwei sachverständigen Psychologen, die in dem Verfahren die Glaubhaftigkeit der Frau bewerten sollen.

Der Bewertung der Sachverständigen kommt hier deshalb hohe Bedeutung zu, weil die Anklage wesentlich auf der Aussage des angeblichen Opfers beruht - ohne dass dieses ursprünglich auf eine Strafverfolgung des angeblichen Täters Türck erpicht gewesen wäre.

Die Polizei erfuhr von der angeblichen Vergewaltigung nur, weil sie im August 2002 ein Telefonat zwischen B. und einem Freund abhörte, gegen den sie wegen Drogenhandels ermittelte. Der Psychologin sagte B., dass sie sich von der Polizei unter Druck gesetzt fühlte, zu dem Vorfall mit Türck Angaben zu machen.

"Installation von Pseudo-Erinnerungen"

"Ich muss ja jetzt mitmachen, sonst habe ich selber noch ein Strafverfahren am Hals" - mit diesen Worten fasste Gräfe zusammen, wie B. damals ihre Lage einschätzte. Zugleich sei B. der Meinung gewesen, man werde ihr ja doch nicht glauben. Im Zweifel zähle das Wort eines Fernsehmoderators mehr als ihres.

Die Psychologin sagte, eine solche Situation führe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit "zu einem "Produktionsdruck, zur Installation von Pseudo-Erinnerungen". Sie glaube nicht, dass B. bewusste Falschangaben gemacht habe, um Türck zu schaden. Stattdessen sei sie in ihrer Situation womöglich selbst davon ausgegangen, ihre Version beruhe "auf real Erlebtem". Die Psychologin stellte bei B. Anzeichen für eine hypochondrische und hysterische Neurose fest, außerdem paranoide und schizophrene Züge.

Der frühere Moderator Türck soll B. nach dem Besuch eines Nachtlokals auf einer Frankfurter Brücke oral vergewaltigt haben. Dass die beiden Oralsex hatten, ist unstrittig. Türck gibt jedoch an, alles sei freiwillig geschehen.

© SZ vom 26.08.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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