Packen, stempeln, lächeln:Weil ich ein Mädchen bin

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Warum reisen 20 Frauen unter der Woche von weit her in ein bayerisches Einkaufszentrum? Damit sie zusammen mit dem Model Eva Padberg lernen, wie man Geschenke richtig einpackt. Doch, ernsthaft.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Ingolstadt

Erst ist alles ruhig und friedlich, ein paar Weihnachtsbäume glitzern vor sich hin, das Einkaufszentrum liegt da wie eine Kleinstadt aus Playmobil. Dann kommen die Frauen. Verstauen die Schminkspiegel in ihren Täschchen, stöckeln am Info-Schalter vorbei, "Hey, lange nicht gesehen!" Ein ganz normaler Mittwochmittag im Outlet-Village in Ingolstadt also? Shoppen, Latte macchiato, Shuttle-Bus? Nein, irgendwas ist an diesem Tag anders. Die Frauen strömen in die Chic Lounge; auf den Tischen liegen Plastik-Tannenzapfen, Kuchen am Stiel, Strasssteinchen, Ugg-Boots, dazu Unterwäsche im Wert eines Kurzstreckenfluges. Am Ende des Raums steht Eva Padberg, 35, Model, Moderatorin und Ingolstadt-Village-Markenbotschafterin. Sie sieht selbst aus wie ein Geschenk, rosa-schwarz-gemustertes Kleid, grüne Elfenaugen. Sie ruft: "Ist schon jemand in Weihnachtsstimmung?"

Wie könnte man nicht in Stimmung sein? Schließlich haben die etwa 20 Frauen, es sind ausschließlich Journalistinnen und Bloggerinnen, lange Strecken zurückgelegt, um diesem exklusiven Event beizuwohnen: Geschenke verpacken mit Padberg, Weihnachtskarten basteln unter Aufsicht von zwei Profis. Und erst dieses Padberg-Zwinkern, damit hat sie einen sofort. Also endlich mal was Sinnvolles mit den Händen tun, statt immer konsumieren.

Die erste Aufgabe: eine Papiertanne auf eine Karte kleben, aber nicht mit Klebstoff, sondern mit einem Roller. "Klebt wie Atze", sagt die Kartenkünstlerin, die sonst Selbständige coacht. Recht hat sie. Dass man den Weihnachtsbaum verkehrt herum aufgeklebt hat, fällt gar nicht auf. Die zweite Aufgabe: Karten mit Weihnachtsgrüßen bestempeln, gar nicht einfach - da muss man erst mal ein "Stempelgefühl" entwickeln.

Ein paar Meter weiter sitzt Teilnehmerin Padberg. Wenn sie nicht gerade in rosa oder goldene Handys lächeln muss, lauscht sie beflissen, wie man "schwierige Geschenke" einpackt, etwa Socken. Die Deko-Expertin erklärt, dass es praktischer ist, eine Tüte zu basteln, dann gibt es keine Druckstellen. Eine Dame mit Chihuahua auf dem Schoß nickt. Auch Padberg nickt. Auf der anderen Seite des Tisches nickt niemand. Der Kleber, der tatsächlich wie Atze klebt, leuchtet auch wie Atze durch die transparente Karte. Der Stempelgruß sieht vernünftig aus, immerhin. Die chinesische Bloggerin lacht, die Karten-Coach-Frau sagt: "Das war mit das Schwierigste."

Ganz am Ende, als die selbst gebastelten Tüten verknickt in der Ecke liegen, noch eine grundsätzliche Frage an Padberg: Basteln, selber machen - warum wollen Menschen das überhaupt? Sie sagt: "Weil wir alles haben. Weil wir alles kaufen können, was wir brauchen." Anschließend dürfen die Damen noch zwei Stunden raus ins Village: endlich shoppen.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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