Österreich und Südtirol:Erdrutsch, Lawine und Überflutungen

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Zum Teil fällt so viel Regen, wie statistisch nur alle 40 bis 50 Jahre, dazu kommt die niedrige Schneefallgrenze: Die Wetterlage in Salzburg, Kärnten und Südtirol ist angespannt.

Im Martelltal in Südtirol ging eine Schneelawine ab - 71 Dorfbewohner wurden von den Rettungskräften evakuiert. (Foto: Peter Altstätter/dpa)

"In diesem November hat es zum Teil doppelt oder dreifach so viel geregnet wie normalerweise im ganzen Monat", sagt Dieter Peterlin am Telefon. Der Südtiroler Landesmeteorologe zählt die Gründe für die unheilbringende Wetterlage an der Südseite der Alpen auf. "Wir haben mehrere Mittelmeertiefs erlebt, die in wenigen Tagen sehr viel Regen gebracht haben", sagt er. Zudem sei die Schneefallgrenze sehr niedrig gewesen. Und schließlich habe es einen Wechsel von Schnee und Regen gegeben. Dadurch sei der Schnee sehr nass und schwer.

Im italienischen Südtirol sowie in den beiden österreichischen Bundesländern Kärnten und Salzburg sind Tausende Feuerwehrleute und Bergretter im Einsatz. Sie kämpfen mit den Folgen eines Unwetters mit Starkregen und extremem Schneefall, das am Wochenende über der Region niederging. Es hat mehrere Erdrutsche gegeben, Straßen sind überflutet, mehrere Dörfer können nicht mehr erreicht werden, viele Haushalte sind ohne Strom und auch das Handynetz ist teilweise ausgefallen.

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Der Wintereinbruch in Kärnten und Tirol macht Rettungskräften und Anwohnern zu schaffen. Inzwischen hat es auch Verletzte gegeben, eine Person ist ums Leben gekommen.

In Bad Gastein im Bundesland Salzburg wurden bei einem Murenabgang zwei Häuser zusammengeschoben und zerstört. Während eine Bewohnerin aus dem ersten Haus rasch gerettet werden konnte, saß in dem zweiten Haus eine Frau über Stunden fest, ehe sie von der Feuerwehr befreit wurde. Auch in Kleinkirchheim im Nachbarbundesland Kärnten wurde ein Haus infolge eines Erdrutsches verschüttet, ein 80 Jahre alter Mann, der sich darin aufhielt, konnte nur noch tot geborgen werden, wie österreichische Medien berichteten. Weil ein Hang abzurutschen drohte, war auch die Tauernautobahn zwischen Spittal und Villach gesperrt, eine der wichtigsten Fernverkehrsverbindungen in den Alpen. In der Nähe von Mühlbach in Südtirol fuhr ein Zug auf eine Gerölllawine auf, die sich über die Gleise ausgebreitet hatte. Im Martelltal, ebenfalls in Südtirol, filmte ein Anwohner den Abgang einer Schneelawine, kurz bevor er und 70 weitere Dorfbewohner von den Rettungskräften in Sicherheit gebracht wurden.

Auch wenn sich das Wetter am Montag vorübergehend besserte, sei die Lage "angespannt", sagt der Südtiroler Bevölkerungsschutz-Landesrat in Bozen. Es gelte die zweithöchste Lawinenwarnstufe. Für die Nacht auf diesen Dienstag waren erneut Regen und Schnee angesagt, zwar weniger als am Wochenende, dennoch müsse man vorsichtig sein. "Der Boden kann nicht mehr viel Niederschlag vertragen", sagt Meteorologe Peterlin. Erst von Mittwoch an soll sich die Lage beruhigen.

Ist das normal? Oder liegt es an der Klimakrise? Das ist die Frage, die bei schweren Unwettern stets im Raum steht. So auch jetzt. Tiefs über dem Mittelmeer, die sich an den Alpen wie an einer Mauer stauen, sind "prinzipiell ein normaler Mechanismus, den wir in den vergangenen Jahren regelmäßig beobachten konnten", sagt Thomas Wostal von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. "Die Mengen sind aber extrem." Das zeigte sich etwa in Venedig, wo auf dem Markusplatz das Wasser so hoch stand wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und auch in Kärnten und Osttirol, wo so viel Regen fiel, wie es statistisch nur alle 40 bis 50 Jahre vorkommt.

© SZ vom 19.11.2019 / sbeh, olkl, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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