Öl-Katastrophe:BP will Bohrloch endgültig verschließen

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Mit Zement und Schlamm soll das Leck im Golf von Mexiko bis Freitag abgedichtet werden. Dann könnte die laut neusten Hochrechnungen größte Ölpest der Geschichte ein Ende finden.

Moritz Koch

Nach einer monatelangen Pannenserie unternimmt der britische Energiekonzern BP in der Nacht zum Mittwoch einen weiteren Versuch, das leckgeschlagene Bohrloch im Golf von Mexiko zu verschließen. Bei der Operation "Static Kill" will das Unternehmen Schlamm in den Schacht am Meeresgrund pumpen. Öl und Gas sollen so zurück in das Reservoir gezwungen werden, aus dem sie nach oben sprudeln. Verläuft alles nach Plan, soll Zement das Leck bis Freitag versiegeln. Das Vorhaben gilt jedoch als riskant. Es könnte sein, dass das Bohrloch dem Druck nicht standhält und sich das Öl neue Wege durch den Meeresboden bahnt. Daher wollte BP erst Testergebnisse abwarten.

Die provisorische Kapsel hält seit zweieinhalb Wochen dicht. Davor flossen 4,9 Millionen Barrel Rohöl im Golf von Mexiko ins Meer, das sind 666.400 Tonnen. Damit ist die Öl-Katastrophe die größte der Geschichte.  (Foto: dpa)

Bis zu 4300 Dollar Strafe pro Barrel

Selbst wenn kein weiterer Tropfen Öl ausweicht, gilt die Katastrophe im Golf, die Ende April mit dem Untergang der Förderplattform Deepwater Horizon begann, inzwischen als die größte Ölpest der jüngeren Geschichte. 4,9 Millionen Barrel Öl, das sind 774 Millionen Liter, sind nach neuen Hochrechnungen aus dem Leck gedrungen. Nur 800.000 Barrel konnte BP auffangen, 4,1Millionen Barrel sollen ins Meer geflossen sein. Das ist weit mehr, als beim Unfall an der mexikanischen Ölquelle Ixtoc 1 ausgetreten war und übersteigt Schätzungen zufolge auch die Ölmassen, die die Iraker 1991 in den Persischen Golf leiteten, um die US-Truppen aufzuhalten. Nur auf dem Festland hat es eine größere Ölpest gegeben - 1910 in Kalifornien.

Die gewaltigen Ausmaße der Katastrophe bedeuten für BP enorme Kosten. Die Umweltgesetze der USA sehen Strafen von 1100 Dollar pro ausgelaufenem Barrel vor, bei grobem Fehlverhalten sogar 4300 Dollar. BP könnte daher bis zu 17,6 Milliarden Dollar zahlen müssen, zusätzlich zu den 20 Milliarden Dollar, die der Konzern in einen Hilfsfonds für die Geschädigten der Ölpest überweisen will.

BP kann jeden Cent gebrauchen

Um dies bezahlen zu können, haben die Briten angekündigt, Ölfelder und andere Vermögenswerte in Höhe von 30 Milliarden Dollar verkaufen zu wollen. Einen Teil der Kosten will BP bei seinen Geschäftspartnern auf der Deepwater Horizon eintreiben. Der japanische Mischkonzern Mitsui, der an der Ölplattform mit zehn Prozent beteiligt war, hat bereits eine Rechnung über 500 Millionen Dollar erhalten. BP kann jeden Cent gebrauchen. Denn auch die Börsenaufsicht SEC ermittelt. Medienberichten zufolge geht sie dem Verdacht nach, dass BP Behörden und Anleger nicht ausreichend über die Risiken der Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko informiert hätte.

Nur eine gute Nachricht gab es zuletzt für BP: Eine Kapsel, die Tauchroboter über das Bohrloch gestülpt haben, verhindert seit zweieinhalb Wochen, dass neues Öl ins Meer fließt. Doch der Verschluss gilt nur als temporär. Und auch die nun gestartete Operation "Static Kill" garantiert keinen permanenten Verschluss. Washingtons Krisenmanager Thad Allen dämpfte daher die Erwartungen. Er glaube, dass das Leck noch nicht endgültig werden könne. Deshalb laufen die Arbeiten an zwei Entlastungsbohrungen weiter. Sie sollen das Bohrloch tief unter dem Meeresgrund erreichen, sodass Schlamm und Zement fast direkt in die Quelle geleitet würden. In etwa einer Woche kann es losgehen. Allerdings wurde auch diese Operation "Bottom Kill" nie zuvor unter solchen Bedingungen erprobt. Das Ölfeld befindet sich fünf Kilometer tief im Meeresboden.

© SZ vom 02.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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