Öffentlicher Verkehr in Berlin:Es fährt kein Zug ...

Lesezeit: 1 min

"Sehr unregelmäßig" sind die S-Bahnen im Berliner Berufsverkehr gefahren, hat eine Bahn-Sprecherin zugegeben. Bürgermeister Klaus Wowereit sagt, das Unternehmen habe das Chaos in Kauf genommen.

Das erwartete Chaos ist eingetroffen: Volle Züge, gesperrte Stationen, lange Verspätungen - der Ausfall von drei Vierteln der Berliner S-Bahnen hat zehntausenden Fahrgästen erheblich zu schaffen gemacht. Vor allem aus den Außenbezirken und dem Umland der Hauptstadt kamen Pendler mit Verspätungen oder Umwegen ans Ziel. Viele stiegen in U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse um, die aber teils überfüllt waren. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die den S-Bahn-Ersatzverkehr betrieben, stellten sich auf eine halbe Million zusätzliche Passagiere ein.

Drei Viertel aller S-Bahnen Berlins stehen. Veraltete, schadhafte Bremsen und andere technische Mängel müssen beseitigt werden, bevor sie wieder fahren. (Foto: Foto: ddp)

Wegen der erneuten Technikprobleme geriet die S-Bahn schon wieder unter Beschuss. Nach plötzlich entdeckten Mängeln an Bremsen hatte sie am Vorabend entschieden, die betroffenen Wagen aus dem Verkehr zu ziehen. Schon seit dem 30. Juni kann nur ein Teil ihrer Züge eingesetzt werden, da ebenfalls aus Sicherheitsgründen Räder überprüft werden müssen.

Im morgendlichen Berufsverkehr lief der S-Bahn-Verkehr "überall sehr unregelmäßig", wie eine Sprecherin sagte. Viele Bahnsteige waren voll. Wer konnte, sollte auf andere Verkehrsmittel umsteigen. In der Innenstadt wurde der Verkehr auf der wichtigsten Ost-West-Verbindung zwischen Alexanderplatz und Westkreuz komplett eingestellt. Insgesamt 24 S-Bahnhöfe wurden geschlossen. Zugänge zu manchen Bahnsteigen waren gesperrt, Rolltreppen ausgeschaltet.

In Bussen, U-Bahnen und Straßenbahnen war das Gedränge vor allem am Morgen so groß, dass teils nicht alle Fahrgäste mitgenommen werden konnten, wie die BVG mitteilte. Sie verstärkte das Angebot einiger U-Bahnen. Dies sollte auch den tausenden Besuchern der Internationalen Funkausstellung (Ifa) dienen, die noch bis diesen Mittwoch auf dem Messegelände läuft. Dafür fehlten BVG-Fahrzeuge teils auf anderen, weniger stark genutzten Linien. Ein "verlässlicher" Notfahrplan sollte erst für Mittwoch erstellt werden. Mehrere Linien wurden vorerst verkürzt.

Grund der neuen Schwierigkeiten ist, dass bei Bremsversuchen vier kaputte Bremszylinder entdeckt wurden, was auf Wartungsmängel zurückgehe. Zur Sicherheit sollen nun alle Zylinder mit einer bestimmten Laufleistung ausgetauscht werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, er erwarte von der S-Bahn, "dass sie alles tut, um diese Beeinträchtigungen so kurz und so gering wie nur irgend möglich zu halten". Das Chaos sei ein Beleg für negative Folgen der Privatisierungsstrategie der früheren Bahnspitze. "Mit Blick auf kurzfristige Überschüsse wurde ein unakzeptabler Verschleiß in Kauf genommen."

© sueddeutsche.de/dpa/abis/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: