Neuseeland:Auf allen Kanälen

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Kim Dotcom vor Gericht im Oktober 2015 in Auckland, Neuseeland. (Foto: Geraldine Clermont/dpa)

Kim Dotcom, einst erfolgreicher Internet-Unternehmer, inszeniert sich als Freiheitskämpfer und wehrt sich gegen seine Auslieferung an die USA.

Der in den USA wegen massiven Betrugs angeklagte Internetunternehmer Kim Dotcom wehrt sich gegen eine geplante Auslieferung aus Neuseeland. "Ich habe da nie gelebt, bin dort nie hingereist, hatte keine Firma dort", twitterte der 42-Jährige am Montag zum Auftakt seiner Berufungsverhandlung gegen den Auslieferungsbescheid. Kim Dotcom, der als Kim Schmitz in Kiel geboren wurde und neben deutschen auch finnische Wurzeln hat, erschien zwar nicht persönlich vor dem Gericht in Auckland, dafür hielt er online das ein oder andere Plädoyer in eigener Sache. Postete Artikel, kündigte einen "Copyright fight" an und gab seinen Followern in einem Post zu dem von ihm geforderten Gerichts-Livestream auch gleich die Rezeptionsrichtung für dieses Spektakel mit, nämlich "#popcorn". So ganz klappte es dann aber nicht mit #popcorn; Der Forderung seiner Anwälte, das Verfahren live im Internet zu übertragen, gab der Richter zunächst nicht statt.

Kim Dotcom wurde in Deutschland bereits wegen Insidergeschäften verurteilt, gründete in Neuseeland zwischendurch mal eine Internet-Partei und inszeniert sich auf seinen diversen digitalen Kanälen gerne als Freiheitskämpfer des Internets. In erster Linie aber ist Dotcom als Gründer der einst populären Internetplattform Megaupload bekannt, auf der Nutzer Musik, Filme und andere Inhalte untereinander austauschten. US-Ankläger werfen ihm und den Mitstreitern vor, Copyright-Besitzer damit um mindestens eine halbe Milliarde Dollar geprellt zu haben. Die US-Behörden ließen den Dienst 2012 schließen und veranlassten eine Razzia auf Dotcoms Anwesen in Neuseeland, Teile seines Besitzes wurden beschlagnahmt. Der Unternehmer wurde vorübergehend festgenommen, kam aber kurz darauf auf Kaution frei und konnte auf sein riesiges Anwesen zurückkehren. Seit mittlerweile mehr als vier Jahren läuft nun das juristische Gezerre um seine Auslieferung.

Dotcom argumentiert, dass Megaupload lediglich eine Plattform gewesen sei. Wenn Nutzer darauf illegal durch Copyright geschütztes Material austauschten, könne er nicht dafür verantwortlich gemacht werden. 2013 stellte er diesbezüglich folgendem Vergleich an: "Die Post ist nicht verantwortlich dafür, was in den Briefen ist, die sie befördert. Und wenn jemand mit dem Auto zu schnell fährt, kommt nicht der Autohersteller in den Knast." US-Ankläger sagen dagegen, der Filesharing-Dienst Megaupload sei von Anfang an als gigantisches Betrugsinstrument geplant gewesen und die Gründer hätten Urheberrechtsverletzungen auch bewusst gefördert. Neben Dotcom wollen die USA auch drei seiner ehemaligen Mitarbeiter den Prozess machen. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen langjährige Haftstrafen. Die Anhörung in Neuseeland könnte bis zu sechs Wochen dauern.

© SZ vom 30.08.2016 / fzg/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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