Neuer Gammefleisch-Skandal:Der Fall stinkt

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Wurst aus stinkenden Schweineköpfen soll in der Supermarkttheke gelandet sein. Doch im angeblichen Gammelfleischskandal von Lohne fehlen Beweise

Jens Schneider

Hamburg - In dieser Geschichte kommen alle Zutaten zusammen, die man braucht, um großen Ekel zu erzeugen: eitrige Schweineköpfe, deren Gestank angeblich nicht zu ertragen war, sowie ein Fleischbetrieb im niedersächsischen Lohne, der sie dennoch zerlegt und mit einwandfreiem Fleisch vermengt haben soll. Tonnenweise, immer sonntags.

Unter Beobachtung: Zweimal pro Woche soll die Firma in Lohne vom der Veterinärbehörde des Landkreises kontrolliert worden sein. (Foto: Foto: dpa)

Ob die Sache freilich mehr ist als ein Verdacht, lässt sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Oldenburg erst in einigen Tagen sagen. Dann nämlich werden Proben aus einem Kühlhaus des Unternehmens untersucht sein. Bisher sei, so sagt Staatsanwalt Rainer du Mesnil de Rochemont, bei der Durchsuchung des Betriebs in Lohne kein verdorbenes Fleisch gefunden worden.

Bisher gibt es also keinen Beleg dafür, dass sogenanntes Gammelfleisch auch in Umlauf und damit an den Kunden gekommen ist. Das Fleischzerlegungs-Unternehmen selbst produziert laut Behördenangaben direkt keine Fleischwaren. Den neuesten Gammelfleischverdacht hatte das ARD-Fernsehmagazin Report Mainz publik gemacht. Der Verdacht fußt auf den Aussagen von fünf rumänischen Arbeitern. Sie haben über die angeblichen Zustände in dem Unternehmen eidesstattliche Versicherungen abgegeben.

Vor Ekel übergeben

Bis Anfang Januar waren sie dort beschäftigt, derzeit tragen sie allerdings mit der Firma einen Streit vor dem Arbeitsgericht aus.Ihren Aussagen zufolge sollen in dem Betrieb seit März 2007 jeweils an Wochenenden große Mengen verdorbene Schweineköpfe geliefert worden sein.

Von diesen Köpfen hätten sie das verdorbene Fleisch lösen und mit ordnungsgemäßem Fleisch mischen müssen, berichteten die Arbeiter der Staatsanwaltschaft - wöchentlich vier Tonnen verdorbenes Fleisch. Report Mainz berichtet auch von einem Handyvideo, das dazu vorliege. Ein Arbeiter habe berichtet, dass er sich vor Ekel übergeben musste. Weil Gefahr im Verzug sein könnte, haben Polizei und Staatsanwaltschaft die Firma am Sonntag durchsucht, aber nichts gefunden. Die Fleischproben im Kühlhaus wurden genommen, damit auch älteres, bereits verarbeitetes Fleisch überprüft werden kann.

Es sei eine missliche, aber für die Ermittler doch typische Situation, so Staatsanwalt du Mesnil de Rochemont über die Ermittlungen. Häufig gebe es Hinweise wie diesen in Zusammenhang mit einem Arbeitsgerichtsprozess. ,,So was ist Standard.'' Zeugen kämen oft erst, wenn sie ihren Job verloren haben. Und weil dann die gegen die Betriebe erhobenen Vorwürfe weit in der Vergangenheit lägen, seien sie schwer nachzuweisen. Auch wisse man nie, ob es sich um eine bloße Retourkutsche verärgerter Mitarbeiter handle.

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium betont, dass die Firma in Lohne regelmäßig zweimal wöchentlich von der Veterinärbehörde des Landkreises kontrolliert worden sei. Es habe keine Beanstandungen gegeben.

© SZ vom 23.1.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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