Sie ist mausgrau, sieht aus wie ein Türstopper und soll den Tischfußball für immer verändern: die neue Figur an der Kickerstange. Oder soll man besser sagen: Keil? Ein Gesicht hat die neue Figur nicht mehr, keine Mütze, keinen Schnurrbart, das Menschliche ist weg. Dafür wird das Spiel, das Kicker-Spiel, jetzt noch schneller werden, um 20 Prozent. "Das wird die komplette Bundesliga umkrempeln", sagt ihr Erfinder, Alfred Lettner, in Halle C2, auf der Internationalen Handwerksmesse (IHM) in München. In vier Wochen ist Bundesliga-Start mit der Elf-Zentimeter-Figur. Weltpremiere - ganz klein.
Lettner ist eigentlich Schreiner aus Erbach in Schwaben, seit 2006 baut er auch Kicker-Tische, seit 2008 für die Bundesliga, wo auf Tischen verschiedener Hersteller gespielt wird. Der Sport hat in Deutschland schon 6600 Spieler, es gibt sechs Ligen, Mannschaften für Männer, für Frauen, Einzel, Doppel, einen eigenen Tischfußballbund (DTFB). Und jetzt noch eine neue offizielle Figur.
Eineinhalb Jahre Arbeit
Im richtigen Fußball, also bei Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels, ist Optimierung mittels Technik ja längst normal. Berater rücken dort den Spielerkörpern mit immer mehr Hightech auf den Leib. Sprints sollen spritziger werden und Schüsse kräftiger. Auch der Kicker-Schreiner Alfred Lettner hat seiner Figur mit technischer Hilfe einen neuen Körper geschenkt: aus Kunststoff, Polyurethan, leicht wie ein Schokoriegel, gerade Kanten, glatter Bauch. Eineinhalb Jahre hat das gedauert. Der billigste Kickertisch aus der Lettner-Werkstatt kostet 1400 Euro.
Und warum der ganze Aufwand? "Wegen der 5er-Reihe", sagt Lettner am Messestand. "Wenn ich im Einzel nach vorne spielen will, muss ich die 5er-Reihe hochstellen", sagt er. Sonst kommt der Ball nicht durch. Das ist ungefähr so, als müssten Schweinsteiger, Götze und Robben gleichzeitig hochspringen, damit Manuel Neuer den Ball nach vorne schlagen kann. Im Tischfußball völlig normal. Nur: Die Männchen an der Stange pendelten ständig nach unten. Die Füße waren zu schwer. Die 5er-Reihe stand dauernd im Weg.
Figur-Optimierung im Labor
Deshalb hat der Kicker-Schreiner beim Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen in Ulm angerufen: Figur-Optimierung im Labor. Per Computersimulation fanden die Forscher heraus, wie das ideale Männchen aussieht - wie ein Keil, darauf kam noch niemand. Also verlagerte Lettner die 40 Gramm seiner Figur: weg vom Fuß, hin zum Mittelpunkt, er zog den Körper breiter und drückte ihn flach. Und formte den Kopf zum Klotz. Wenn man die 5er-Reihe jetzt waagerecht stellt, bleibt sie stehen. Die neuen Figuren kleben an der Kicker-Stange wie Turner, denen die Schwerkraft nichts mehr anhaben kann.
"Das Feeling ist echt gut", sagt Markus Ludwig, beugt sich im Trainingsanzug über den Kicker-Tisch in der Messehalle und jagt den Ball gegen die Bande. Ludwig, 36, ist Kicker-Spieler in der 2. Bundesliga. Für die Weltpremiere ist er nach München gereist: Tuchfühlung. "Manchen wird das zu schnell sein, aber ich find's geil", sagt Ludwig . "Meine Schüsse haben noch mehr Wumms." Ein Leistungs-Keil sozusagen.
Denn weil jetzt weniger Masse in den Füßen steckt, lässt sich die Stange noch schneller drehen. Die Schussgeschwindigkeit steigt. Klingt wie Ronaldo, Messi und Ribéry in einer Figur. Nur mit undefinierbarem Geschlecht. Dafür kann man die Figur jetzt bedrucken: grün, blau, gelb - alles ist möglich. Dort wo früher der Kopf war, könnten bald Firmenlogos kleben. Die Technik siegt über den Menschen - auch im Tischfußball.