Nach dem Erdrutschdrama:Abschied von Nachterstedt

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Die evakuierten Bewohner in Nachterstedt können wohl niemals in ihre Häuser zurück. Das Notfallbüro im Rathaus vermittelt ihnen finanzielle Hilfe und Wohnungen.

Die Bewohner werden in ihre Häuser, die an der Abbruchkante des Kraters über dem Concordiasee stehen, wohl nie wieder zurückkehren. Wegen der Gefahr weiterer Erdrutsche kann das Unglücksgebiet in Sachsen-Anhalt vermutlich nicht mehr bewohnt werden. Es werde wohl Monate dauern, bis das Gebiet am Concordiasee zur Ruhe gekommen sei, sagte Gerhard Jost von der Bergbaubehörde des Landes Sachsen-Anhalt.

Bisher ist es nicht zu weiteren Abrutschen gekommen. Dennoch werden die Bewohner wahrscheinlich nie wieder in ihre Häuser zurückkönnen. (Foto: Foto: AFP)

"Es sind leichte, neue Risse aufgetreten, bis 30 Meter hinter der Bruchkante", sagte Jost. Für die 41 Bewohner, die nach dem Erdrutsch am Samstag in Sicherheit gebracht wurden, wurde unterdessen ein Kontaktbüro eröffnet, in dem sie sich wegen Schadenersatzansprüchen melden können. Immer wieder müsse in den kommenden Tagen mit Abbrüchen gerechnet werden, sagte Jost. "Die Böschung wird flacher werden."

Nähere Hinweise zur Ursache des Unglücks, bei dem drei Menschen starben, gebe es nicht. "Es gibt eine Vielzahl von Spekulationen, aber es sind eben Spekulationen." Möglich ist, dass das Unglück mit dem früheren Braunkohle-Tagebau zusammenhängt. Es gibt aber auch Vermutungen darüber, dass eine unterirdische Wasserblase eine Flutwelle ausgelöst haben könnte, die die Böschung zum Einsturz brachte.

Hilfe für die Evakuierten

Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), die für die Flutung des Tagebausees zuständig ist, bekräftigte, dass es schnelle und unbürokratische Hilfe für die Bevölkerung geben werde. Im Rathaus seien erste Bargeldbeträge an die Betroffenen ausgezahlt worden, sagte Mathias Siebert von der LMBV. Über die Höhe der Beträge, mit denen sich die Menschen das Nötigste kaufen sollen, hätten LMBV und Betroffene Stillschweigen vereinbart.

Mit Hilfe des Kontaktbüros sollen die in Sicherheit gebrachten Menschen, die bei Bekannten und in Ferienwohnungen untergekommen sind, schnell wieder eine langfristige Bleibe bekommen. "An vorderster Stelle steht die Wohnungsfrage", sagte der Landrat des Salzlandkreises, Ulrich Gerstner (SPD). "Wir haben ein größeres Angebot an leeren Wohnungen. Die Betroffenen haben eine große Auswahl."

Bei dem Unglück waren drei Menschen im Alter von 48, 50 und 51 Jahren zu Tode gekommen, die mit ihrem Haus in die Tiefe gerissen wurden. Auch die Hälfte eines Mehrfamilienhauses rutschte mit rund zwei Millionen Kubikmetern Erdmassen weg. Die Versuche zur Bergung der Verschütteten ist mittlerweile eingestellt worden. Der See soll bis auf weiteres gesperrt bleiben, weil im Falle neuer Erdrutsche Flutwellen befürchtet werden.

Der Ruf nach Konsequenzen wird laut

In den vergangenen Tagen war mehrfach laut darüber nachgedacht worden, ob sich ein Drama wie das von Nachterstedt in anderen Bergbauregionen in Deutschland wiederholen könnte. Im Rheinland wird jetzt der Ruf nach Konsequenzen aus dem Erdrutsch in Sachsen-Anhalt lauter. Die Ursachen des Unglücks müssten in die Planungen für den Tagebausee Garzweiler einfließen, sagte der Bürgermeister der Stadt Erkelenz, Peter Jansen (CDU), der Presseagentur dpa. Das hatte vorher auch schon die Stadt Düren gefordert. Erkelenz gehört zu den Tagebaugegnern. Sie verliert durch Garzweiler ein Drittel ihres Stadtgebietes. Die Flutung des im Rheinland größten Restsees soll 2045 beginnen und bis zu 60 Jahre dauern.

© dpa/AFP/AP/abis/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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