Mondfahrt:Völlig losgelöst

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Früher wetteiferten Amerikaner mit Russen um Erfolge in der Raumfahrt - heute Milliardäre. Yusaku Maezawa hat sich einen Platz in einem Raumschiff erkauft, das ihn auf eine Reise um den Mond mitnehmen soll. Wer ist der Mann?

Von Martin Zips

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(Foto: Patrick T. Fallon/Bloomberg)

Abenteurer unter sich: Der US-amerikanische Milliardär Elon Musk (links) hat dem japanischen Milliardär Yusaku Maezawa gerade die erste Boarding-Card zur Mondumrundung des kommerziellen Raumfahrtanbieters SpaceX verkauft.

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(Foto: Mario Tama/AFP)

Der Japaner Yusaka Maezawa, 42, soll der erste Weltraumtourist, also Nicht-Astronaut, werden. Ziel der Reise: der Mond. Wieviel er dafür bezahlt hat? Laut Elon Musk: "Viel".

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(Foto: Gene Blevins/Reuters)

So soll sie aussehen, die "Big Falcon Rocket", kurz BFR. Das 118 Meter hohe Raumschiff ist allerdings noch nicht fertig.

Unglaublich, dass man von diesem Japaner noch nie gehört hat. Ist er doch ein "weltbekannter Kunstsammler", wie es in seinem 148-sekündigen Vorstellungsvideo heißt, ein "Entrepreneur", der fest daran glaubt, dass man mit Kunst den Weltfrieden retten kann. Einer, der für ein Werk eines an einer Überdosis Drogen gestorbenen Malers locker mal 110,5 Millionen US-Dollar hinlegt, weil er sich das als Wein, Autos und Uhren sammelnder Internet-Kleiderhändler eben leisten kann. Der 42 Jahre alte Milliardär Yusaku Maezawa habe, so heißt es in dem Video zu den Klängen von Claude Debussys "Claire de Lune", nun eine "kühne Entscheidung" getroffen: Als erster Weltraumtourist werde er auf einer Reise zum Mond Menschen mitnehmen, "die die Erde repräsentieren". Eisverkäufer, Müllentsorger und Philosophiestudentinnen sollten sich aber nicht zu viel Hoffnung machen. Maezawa denkt eher an "Filmregisseure, Maler, Tänzer, Literaten, Musiker, Modedesigner, Bildhauer, Fotografen und Architekten". Es könnte also ziemlich voll werden, im Raumschiff Big Falcon Rocket. Zumal Maezawa noch jemanden eingeladen hat: den Unternehmer Elon Musk.

Elon Musk, der Name ist schon bekannt. Er ist der Gründer eines Finanzdienstleisters, welcher später als Paypal weltweit Karriere machte. Musk steht hinter der Elektroautomarke Tesla und gründete 2002 das private Raumfahrtunternehmen SpaceX, das heute etwa 7000 Mitarbeiter beschäftigt. Elon Musk, 47, wurde zudem gerade von einem britischen Höhlenforscher auf 75 000 US-Dollar Schmerzensgeld verklagt. Der Forscher hatte Musks Mini-U-Boot zur Rettung einer in einer thailändischen Höhle verirrten Fußballmannschaft einen "PR-Gag" genannt, den sich der Milliardär doch lieber "sonst wohin stecken" solle, worauf ihn Musk digital noch deutlich schlimmer beleidigte. Der in Südafrika aufgewachsene Sohn eines Maschinenbauingenieurs und eines Models jedenfalls gilt vielen als ebenso charismatisch wie impulsiv.

Als Zwölfjähriger, da soll Elon Musk noch unter dem Mobbing seiner Mitschüler gelitten haben. Am Heimcomputer Commodore Vic 20 träumte er von unendlichen Weiten und entwickelte ein Videospiel zur Bekämpfung von Außerirdischen, welches er für immerhin 500 US-Dollar an eine Computer-Zeitschrift verkaufen konnte. Heute belegt der Mann, der mit einer Fantasy-Autorin aus erster Ehe sowohl männliche Zwillinge wie auch männliche Drillinge hat, mit einem geschätzten Vermögen von 20 Milliarden Dollar immerhin Platz zwölf der " Forbes-Liste der reichsten Menschen im Technologie-Sektor".

Lieferten sich einst Amerikaner und Russen einen Wettlauf um den ersten Flug ins All, so sind es heute abenteuerlustige Milliardäre wie Musk, Sir Richard Branson und Jeff Bezos, die immer höher streben. So kündigte Musk vor Monaten eine bemannte Mars-Mission an, für die allerdings - unbemannt - zunächst eine Art Tankstelle für den Rückflug errichtet werden müsse.

Den weltraumtouristischen Anfang hatte bereits im Jahr 1964 die Fluggesellschaft Pan American gemacht. 93 000 Interessenten ließen sich auf ihren Aufruf hin in einer Warteliste für einen Flug ins All eintragen. Zumindest bis zum Jahr 1991, denn danach war Pan Am passé.

Richtig erfolgreich war bisher eigentlich nur die Weltraum-Agentur Space Adventures, die neben dem US-Finanzmakler Dennis Tito noch sechs weitere zahlungskräftige Gäste ins All - und wieder zurück - schickte. Für das Jahr 2018 hatte das Unternehmen zuletzt eine Mond-Umrundung im Programm, die mittlerweile allerdings verschoben werden musste. Wird also der Japaner Yusaku Maezawa als erster Nicht-Astronaut die Mond-Umrundung schaffen? Die Nachrichtenagentur AFP jedenfalls stellt fest: "Insgesamt umrundeten bislang 24 Menschen den Erdtrabanten - alle männlich, US-Bürger und weiß." So geht es nicht weiter.

Doch welche internationalen, nicht-weißen Künstlerinnen könnten Herrn Maezawa auf seinem (für das Jahr 2023 anvisierten) circumlunaren Flug begleiten? Und: Wird sich auch Elon Musk an Bord seiner Big Falcon Rocket begeben, dem (noch nicht fertigen) 118 Meter hohen Raumschiff mit bis zu 100 Sitzplätzen? Hat der reisescheue Musk nicht selbst einmal erklärt: "Urlaub bringt dich um" als er sich gerade irgendwo die Malaria eingefangen hatte? Seitdem soll er sich ja derart in seine Arbeit verkriechen, dass ihn jüngst selbst Unternehmerin Arianna Huffington dringend und öffentlich eine Auszeit empfahl. Die habe schon anderen ganz gut getan. Vorsicht jedenfalls ist angebracht! Von Musks Firma SpaceX zuletzt organisierte Transporte wie etwa von Labormäusen oder Unterhaltungsfilmchen kamen auch nicht immer unbeschadet auf der Internationalen Raumstation ISS an.

Wie viel Geld Maezawa, sein Vermögen schätzt das Forbes-Magazin auf 3,6 Milliarden Dollar, für den Flug bezahlen wird? Auf diese Frage gibt es bei der Pressekonferenz in Kalifornien nur diese Antwort von Elon Musk: "Viel". Und welche Künstler wird Maezawa nun einladen? "Große", antwortet der japanische Milliardär und fleht schon jetzt: "Bitte sagt nicht nein!"

Bei Jules Verne jedenfalls geht die "Reise um den Mond" im Jahr 1870 ganz gut aus: Impey Barbicane, Präsident des Kanonenclubs von Baltimore, Kapitän Nicholl und der Abenteurer Michel Ardan landen am Ende ihres Ausflugs recht unversehrt im Pazifischen Ozean. Lediglich ein Eichhörnchen und ein Hund mussten während der Vorbereitungen ihr Leben lassen. Aber das ist lächerlich. Geht es hier doch um nichts anderes als eines der größten Abenteuer der Menschheit.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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