Mode:Auf Linie

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Raf Simons (hier in der Dokumentation "Dior und ich", 2015) ist künftig für das Design von Calvin Klein verantwortlich. (Foto: CIM Productions/NFP/dpa)

Jetzt ist es offiziell: Der belgische Star-Designer Raf Simons wird neuer Kreativchef bei Calvin Klein. Ein Deal, der sich für beide Parteien lohnen dürfte.

Von Dennis Braatz

Erlösung für die Modewelt: Raf Simons wird Chief Creative Officer bei Calvin Klein. Das gab das Unternehmen am Dienstag über die sozialen Medien bekannt. Monatelang kursierten Gerüchte darüber, dass der Liebling der Branche kommen würde. Jetzt ist es offiziell - und aus zwei Gründen spektakulär.

Erstens, weil Simons im Herbst bei seinem alten Arbeitgeber Dior ausstieg, um mehr Zeit für sein Privatleben und sein eigenes Männerlabel zu haben. Das Modesystem, mit all seinen Zwischen- und Unterkollektionen, war ihm zu schnell geworden. Im Interview mit der Journalistin Cathy Horyn gab er zu Protokoll: "Theoretisch mag es funktionieren. Aber funktioniert es für mich emotional? Nein, denn ich bin nicht die Art von Mensch, der die Dinge auf die schnelle Art erledigt."

Zweitens, weil Calvin Klein vor allem all das verkörpert, was Simons gerade noch abgelehnt hatte: Der amerikanische Moderiese machte 2014 einen Umsatz von 8,1 Milliarden Dollar. Dazu gehören die Prêt-à-porter-Linie Calvin Klein Collection (die am wenigsten erwirtschaftet), Calvin Klein, Calvin Klein Jeans und eine Home-Kollektion. Und natürlich Unterwäsche - vielen bekannt als Boxershorts im Dreier-Pack, die man in jedem Kaufhaus um die Ecke bekommen kann, aktuell beworben mit Justin Bieber. Sogar dafür ist Simons jetzt aber verantwortlich. Er kümmert sich um alle genannten Linien, für Männer und Frauen.

Verglichen mit dem Luxushaus Dior, wo er nur für die Frauen zuständig war, läuft der Calvin-Klein-Betrieb nicht nur schneller, sondern auch viel massenkompatibler. Was also will jemand, der sich vor Kurzem in der Avenue Montaigne noch um den New-Look und Bar-Jacken kümmerte, bei so einer Firma? (Von geschätzten 18 Millionen Dollar Jahresgehalt mal abgesehen.)

Er sieht wohl vor allem ihre Geschichte: 1968 begann Calvin Klein mit gerade mal drei Kleidern und sechs Mänteln in einem New Yorker Hotelzimmer. Die Geschäfte Bonwit Teller und Macy's orderten sofort, Vogue und Harper's Bazaar präsentierten Teile der Kollektion in Modestrecken. So wurde der Sohn jüdischer Einwanderer in den USA zu einem bekannten Modemacher. Der internationale Durchbruch kam allerdings erst in den Achtzigerjahren, als Klein die Designerjeans erfand. Wir erinnern uns: Die 15-jährige Brooke Shields hauchte im TV-Spot "Weißt du, was zwischen mich und meine Calvins kommt? Nichts!". Kurz danach folgte die erste Designerunterwäsche, mit seinem Namen in dicken Lettern auf den Gummizügen. In den Neunzigern machte ihn sein Clean Chic neben Jil Sander und Helmut Lang zum Wegbereiter des Minimalismus. Die Parfum-Kampagnen waren legendär, vor allem die von Obsession 1993 mit Kate Moss, nackt und bäuchlings auf einem schwarzen Sofa liegend.

So viel Pioniergeist kann man bis heute aber schon mal leicht vergessen, bedenkt man, aus wie vielen Lizenzgeschäften die Marke Calvin Klein mittlerweile besteht. Neben den Linien, die Raf Simons jetzt verantwortet, gibt es auch noch Modeschmuck, Uhren, Sonnen- und Korrekturbrillen. Und je mehr Produktkategorien es von einem Namen gibt, desto beliebiger wird er. So war das schon immer. Hinzukommt, dass Calvin Klein seine Firma 2002 an den PVH-Konzern verkaufte.

Womit wir bei der Frage wären, was sich Calvin Klein von Raf Simons verspricht. (Von einer Umsatzsteigerung auf 10 Milliarden Dollar mal abgesehen.) In erster Linie natürlich einen Image-Gewinn. Bei Dior hat der Belgier ja auch schon mal bewiesen, wie gut er den Stilismus einer Marke bündeln und wieder ins Hier und Jetzt führen kann. Das sah man besonders gut an den Perlen-Turnschuhen und den Business-Anzügen in den Haute-Couture-Kollektionen.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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