Massive Kritik an Verfügung zur Tötung:"Schnappauf außer Rand und Band"

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Indem Schnappauf den Bären zum Abschuss freigebe, schüre er die Hysterie in der Bevölkerung und animiere schießwütige Trophäenjäger zur Jagd in den bayerischen Alpen, so der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Ludwig Wörner.

Katja Auer und Nadja Katzenberger

"Der Schnappauf ist offensichtlich außer Rand und Band". So hat Ludwig Wörner, der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, den Beschluss des Umweltministers kommentiert, den eingewanderten Braunbären zum Abschuss freizugeben.

Schnappauf hatte seinerseits erklärt, der Bär sei "außer Rand und Band." Wörner kritisierte den Beschluss als falschen Weg zum falschen Zeitpunkt. Vielmehr müsse der Vorschlag des WWF unterstützt werden, den Bären einzufangen und mit einem Peilsender auszustatten, um mögliche Gefährdungen für Menschen auszuschließen.

Indem Schnappauf den Bären zum Abschuss freigebe, schüre er die Hysterie in der Bevölkerung und animiere schießwütige Trophäenjäger zur Jagd in den bayerischen Alpen, so Wörner.

Die Umweltexpertin der Landtags-Grünen, Ruth Paulig, warnte vor einem Schnellschuss. "Am Donnerstag hat Schnappauf den Bären noch willkommen geheißen und drei Tage später gibt er ihn zum Abschuss frei, das kann doch nicht sein", sagte die Politikerin.

Ein Braunbär sei nun einmal ein wildes Tier, deswegen könne nicht alles reibungslos ablaufen. Sie sprach sich ebenfalls dafür aus, dem Tier einen Sender zu verpassen und ihn für den Fall, dass er nicht steuerungsfähig sei, in ein Wildgehege zu bringen.

Eines zeige die Diskussion um den Bären deutlich: "Wir brauchen eine staatliche Entschädigung für Schäden, die Wildtiere anrichten", sagte Paulig. Dem habe sich Schnappauf bisher stets verweigert.

Auch der Bund Naturschutz (BN) kritisiert Schnappaufs Entscheidung. "Es kann nicht sein, dass der erste Bär, der seine Nase nach Bayern rein steckt, gleich erschossen wird", sagte BN-Referent Ralf Straußberger. Dass sich Schnappauf zum Handeln gezwungen sehe, kann Straußberger nachvollziehen.

Der Bär habe sich in Österreich schon auffällig verhalten und jegliche Scheu vor Menschen verloren. Das mache ihn im Vergleich zu seinen Artgenossen, die Siedlungen eher meiden, gefährlich. Er appellierte, das Tier zu betäuben und in ein Gehege zu bringen.

Bärenmanagement für Bayern

Außerdem brauche Bayern in Zukunft ein Bärenmanagement wie in Österreich. Für Landwirte, die von Schafsrissen betroffen wären, müssten Entschädigungsfonds eingerichtet werden. Manfred Fleischer, Landesvorsitzender des Tierschutzbundes, mahnt ebenfalls, alles zu tun, um den Bären am Leben zu erhalten.

"Bayern bekommt traurige Berühmtheit dadurch, dass hier als erstem Land auf der langen Wanderung des Bären der Minister den Abschuss als ultima ratio an den Anfang der Maßnahmen stellt."

Beim Landesjagdverband hält man sich an die Einschätzung der WWF-Bärenexperten aus Österreich. Die hätten die Gefahr als groß eingestuft, da der Bär nun auch in Ställe einbreche und Schafe und Hühner reiße. Die Abschussfreigabe kann Thomas Schreder, Pressesprecher des Landesjagdverbandes, deshalb verstehen.

Ob jedoch sein Verband den Bären erlegen wird, ist noch nicht klar. Erst müsse Umweltminister Schnappauf den Abschuss regeln und entscheiden, ob die staatlichen Förster oder die private Jägerschaft auf den Bären schießen sollen.

Von der Alternative, das Tier zu betäuben, hält Schreder nichts. Betäubt und eingesperrt bleibe der Bär trotzdem eine Gefahr für die Menschen.

© SZ vom 23.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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