Ludwigshafen:Explosion im Chemie-Werk

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Auf dem Gelände der BASF kommt es zu einem folgenschweren Unfall: Zwei Menschen sterben, mindestens sechs werden schwer verletzt. Offenbar ist eine Versorgungsleitung im Hafen des Konzerns in Brand geraten.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Gegen 11.20 Uhr am Montag erschütterte eine heftige Explosion das BASF-Gelände in Ludwigshafen. Eine dunkle Rauchwolke stieg über dem Nordhafen des Unternehmens auf, Flammen und Rußschwaden standen über dem Gelände. Es ist eines der folgenschwersten Unglücke bei dem Chemiekonzern in der Nachkriegszeit. Mindestens zwei Menschen wurden getötet, sechs andere wurden schwer verletzt und weitere zwei Personen wurden zunächst noch vermisst.

In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu kleineren Zwischenfällen

Neben Polizei und Rettungsdiensten waren 62 Männer der Werksfeuerwehr sowie weitere 100 Feuerwehrleute aus der Region um Ludwigshafen im Einsatz, darunter auch ein Feuerlöschboot. Verletzte wurden mit Hubschraubern in Kliniken gebracht. Ursache des Unglücks war nach Darstellung der BASF ein Unfall an einer Rohrverbindung. Am späten Vormittag sei ein Brand an einer Versorgungsleitung vom Hafen in das Tanklager gemeldet worden, sagte der Ludwigshafener Werksleiter Uwe Liebelt. Als die Werksfeuerwehr bereits im Einsatz war, habe sich die Explosion ereignet. Was genau zu der Detonation geführt habe, solle so schnell wie möglich geklärt werden. Zur Zeit des Unglücks habe es im Hafengebiet Reparaturarbeiten gegeben.

Ob dies mit der Explosion zusammenhing, ist offen. Die Feuerwehr hoffte, den Brand bis zum Abend komplett löschen zu können. Die Rettungsdienste riefen die Anwohner auf, Türen und Fenster geschlossen zu halten sowie Lüftungs- und Klimaanlagen abzuschalten, um sich vor schädlichen Dämpfen zu schützen. Auch am Abend sollten die Anwohner ihre Häuser noch nicht verlassen. Rund um den Zugang zum Unglücksort waren die Straßen abgesperrt. Kindertagesstätten in den Stadtteilen Edigheim und Pfingstweise waren am Mittag aufgerufen worden, die Kinder erst einmal nicht nach Hause zu schicken. Mehrere Anwohner dort hatten nach der Explosion über gereizte Atemwege geklagt. Auch auf der anderen Seite des Rheins, in Mannheim, mahnten die Behörden die Einwohner, Fenster wegen möglicher Geruchsbelästigung geschlossen zu halten. Genaue Schadstoffmessungen waren am Unglücksort allerdings nach Angaben des Umweltministeriums in Mainz zunächst nicht möglich, da das Gelände abgesperrt war. Die BASF stellte bei eigenen Messungen keine erhöhten Werte gefährlicher Stoffe in der Luft und am Boden fest.

Über den Nordhafen beliefern Gas- und Öltanker das Chemiewerk, alle brennbaren Materialien werden nach Angaben des Konzerns dort umgeschlagen. Nach der Explosion schaltete die BASF 14 Produktionsanlagen ab. Dabei hätten sich Fackeln gebildet, weil Stoffe in Leitungen verbrannt werden mussten, so Werksleiter Liebelt. Auch zwei Steamcracker (Dampfspalter), mit denen in der Petrochemie Rohstoffe zur Weiterverarbeitung entstehen, wurden heruntergefahren.

Der Werksleiter äußerte sich am Montag noch nicht zu dem durch die Explosion entstandenen wirtschaftlichen Schaden. "Das ist für mich im Moment irrelevant. Wir haben im Moment andere Probleme", sagte er im Gedanken an die Toten und die Vermissten, um deren Leben gebangt wird. "Wir bedauern zutiefst, dass Mitarbeiter verstorben sind und mehrere Menschen verletzt wurden. Unser Mitgefühl gilt den Betroffenen und ihren Familien, sagte Liebelt.

Vor der Explosion in Ludwigshafen hatte sich ebenfalls am Montag in einer Betriebsstätte der BASF im südhessischen Lampertheim an der Bergstraße ein Unfall ereignet. Dabei wurden vier Mitarbeiter verletzt, allerdings nicht lebensbedrohlich, und mit Brandwunden ins Krankenhaus gebracht. Dieses Unglück soll sich bei Umbauarbeiten an einer Produktionsanlage ereignet haben. Die Rede ist von einer Verpuffung. Was genau zu diesem Unglück führte, war zunächst ebenfalls unklar.

In dem Unternehmen mit seinen weltweit mehr als 112 000 Beschäftigten war es zuletzt immer wieder zu kleineren Zwischenfällen gekommen, bei denen es aber keine Verletzten gab. Zwei große Katastrophen hatte es hingegen im vergangenen Jahrhundert gegeben: 1948 kamen rund 200 Menschen bei einer Explosion ums Leben, 1921 sogar 585. Angesichts des aktuellen Unglücks plant die Koalition im rheinland-pfälzischen Landtag eine Sondersitzung. Die zuständigen Ausschüsse sollten darüber beraten, wie es zu dem Vorfall kam und welche Folgen er für Menschen und Umwelt in der Region habe, teilten die Fraktionen von SPD, FDP und Grünen am Montag in Mainz mit: "Die Explosion auf dem Werksgelände der BASF in Ludwigshafen erfüllt uns mit großer Sorge."

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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