Lotto-Jackpot in Italien:Ein Dorf sucht seinen Millionär

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Noch immer weiß keiner, wer den italienischen Lotto-Jackpot von knapp 148 Millionen Euro geknackt hat. Im Glücksort Bagnone kursieren schon die wildesten Spekulationen.

Wenn Spekulationen ins Kraut schießen, dann tun sie dies in einem Ort in Italien derzeit besonders. Irgendwo in Bagnone, einer verschlafenen 2000-Seelen-Gemeinde im Norden der Toskana, muss er sein, der Super-Glückspilz.

Trinken auf den unbekannten Sieger: Gäste in der Bar Biffi, Bagnone (Foto: Foto: Reuters)

Es soll ein Mann aus dem Ort sein, Mitte Vierzig, gutaussehend, Single. Das sagt zumindest Vanni Simonetti, Besitzer der Bar Biffi an der Piazza Roma. An mehr kann oder will er sich nicht erinnern. Nur soviel ist bisher sicher: Der Spielschein Nummer 431, auf dem die sechs Richtigen aus 90 angekreuzt waren, ist 147,8 Millionen Euro wert und damit der größte Lotto-Gewinn Europas. Sicher ist ebenfalls, dass er in der Bar Biffi eingereicht wurde.

Einen Gewinner schien es zunächst auch zu geben. Ugo Verni, 49-jähriger Waldarbeiter, hatte sich am Samstagabend als Sieger feiern lassen. Das sei alles nur ein Spaß gewesen, sagte er tags darauf mit einem breiten Grinsen. Hätte er wirklich gewonnen, hätte er das schön für sich behalten. Außerdem sei er gar kein Single, passe also nicht auf die Beschreibung des Barbesitzers. Er habe gespielt, seinen wertlosen Schein aber schon weggeworfen.

Da Verni nicht mehr den Sieger geben will, werden nun alle möglichen Namen ins Spiel gebracht. Walter, Enrico, Marco oder Ricardo, der örtliche Apotheker, ein Bauunternehmer - sie alle sollen es gewesen sein und sie alle schwören Stein und Bein, nichts gewonnen zu haben. Jeder hat sein eigenes Alibi, einer war bei seiner Freundin, ein anderer will noch nie Lotto gespielt haben. Manch einer lässt sich von einem Mitbewohner verteidigen. So sagt beispielsweise der Bürgermeister Gianfranco Lanzeroni über einen der Verdächtigen, Enrico Barbieri: "Als die Nachricht auf dem Platz ankam, war er zu gelassen für einen Gewinner".

Schon ist unter den nach Bagnone geströmten Journalisten von einer Verschwörung die Rede. Die Bewohner von Bagnone würden ihren Millionen-Gewinner bewusst verstecken, spekuliert beispielsweise das Blatt Il Tirreno. Sogar von einer besonderen Art von Schutzgeld ist die Rede - nach dem Motto: "Ich sag keinem, dass Du es bist, dafür kriege ich etwas ab von dem Gewinn!"

Ob und wann der Super-Glückspilz gefunden wird, steht in den Sternen. Die staatliche Lotterie-Agentur darf die Identität nicht preisgeben, die Dorfbewohner haben möglicherweise andere Pläne. Bürgermeister Lanzeroni hat den Gewinner vorsorglich in einem öffentlichen Aufruf gebeten, ein paar seiner Millionen für soziale Aktivitäten und für mehr Arbeitsplätze im Ort einzusetzen. Fest steht, dass ab sofort alle Mitvierziger des Ortes unter verschärfter Beobachtung stehen. Wer seinen Job kündigt, Autokataloge durchblättert oder eine weite Reise plant, macht sich dieser Tage sehr verdächtig in Bagnone.

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