Kunst:Steile Optik

Die Inszenierung von Promis im Internet ist nicht nur grenzenlos. Sie steckt auch voller Anspielungen auf alte Meister. Eine Analyse des Münchner Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich.

Von Laura Hertreiter und Hannes Vollmuth

Es war ein Mittwoch im Februar. Trump hatte gerade seine Justizministerin entlassen, in der Türkei ging Erdoğan gegen Staatsbeamte vor, in Deutschland gab es Warnstreiks im öffentlichen Dienst, da postete die Sängerin Beyoncé Bilder von ihrem Babybauch auf Instagram. Innerhalb eines Tages sahen 8,5 Millionen Menschen die Fotos, Internetrekord. Beyoncé auf einem Autodach, Beyoncé als Nixe im Wasser, Beyoncé mit Stand- und Spielbein in einem floralen Gesteck. Und plötzlich erschien alles sehr bekannt, eine vage Erinnerung stieg in einem auf. Ist das nicht Botticelli? Hat die Sängerin Beyoncé jetzt tatsächlich den Renaissance-Maler zitiert? Ja, hat sie, und zwar mit gutem Grund. Prominente sind menschgewordene Bildermaschinen, deren Arbeitsgrundlage Inszenierungen sind. Bewusst und unbewusst bewegen sie sich also im Bilderschatz der Moderne, der immer auch der Bilderschatz der abendländischen Kulturgeschichte ist.

Diesen Bilderschatz gilt es zu nutzen. Weil er allen vertraut ist, garantiert er Erfolg. Nicht alle Promis machen das bewusst. Manchmal bringt auch nur die Netzgemeinde zwei Bilder zusammen und konstruiert so neuen Sinn. In jedem Fall ist da ein kreativer, witziger, manchmal kluger Bilderdialog im Gange. Die S Z hat den Münchner Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich gebeten, sechs Promibilder und ihre Vorbilder zu analysieren.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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