Kriminalität:So schützen Sie sich vor Einbrechern

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Die neue Bundeskriminalstatistik zeigt: 2015 gab es in Deutschland rund zehn Prozent mehr Einbrüche als im Vorjahr. Besonders stark betroffen ist Hamburg. Dort ist die Zahl der Delikte um ein Fünftel gestiegen. Stefan Meder leitet die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle der Hansestadt und kennt die größten Risikofaktoren.

Interview: Siri Warrlich

Herr Meder, was machen Menschen, die Opfer eines Einbruchs werden, häufig falsch?

Es gibt bestimmte Tatgelegenheiten, die auf Einbrecher wie eine Einladung wirken. Das ist zum Beispiel der kurze Augenblick, in dem ich zum Einkaufen gehe und nicht die Türe abschließe, weil ich in zehn Minuten wieder zurück bin. Oder ich gehe kurz rüber zum Nachbarn und plausche doch ein bisschen länger als geplant. Wenn die Tür nicht abgeschlossen ist, ist ein Einbrecher in zehn bis 20 Sekunden drin - und schafft es innerhalb weniger Minuten, einzusteigen, das Diebesgut einzusammeln und wieder zu verschwinden. Wir raten: Immer alle Fenster komplett schließen und die Türe abschließen, auch wenn man nur ganz kurz außer Haus ist. Wichtig ist dabei, den Schlüssel doppelt umzudrehen. Sonst ragt der Sperriegel nicht weit genug heraus und das Abschließen bringt nichts.

Wie geht der typische Einbrecher vor?

Er versucht auf jeden Fall dann einzubrechen, wenn niemand zu Hause ist. Häufig horchen Einbrecher zum Beispiel an der Wohnungstür nach Geräuschen von innen. Oder sie rufen auf dem Festnetz an. Ich würde mir deshalb gut überlegen, ob ich bei einer Meldung im Telefonbuch wirklich auch die Adresse angeben möchte. Etwa die Hälfte der Einbrüche passieren tagsüber, wenn viele Menschen in der Arbeit sind. Besonders die Dämmerung wird bevorzugt. Denn die Dunkelheit bietet Einbrechern Anonymität. Im Herbst und Winter ist deshalb Hochsaison bei Einbrüchen. Eine umfassende Außenbeleuchtung - gerade an schlecht einsehbaren Stellen - ist deshalb besonders wichtig.

Was tun, wenn man doch einem Einbrecher begegnet?

Sollte man je einen Einbrecher auf frischer Tat ertappen, gilt: Laut rufen, sich bemerkbar machen, aber auf jeden Fall dem Einbrecher die Fluchtwege offen lassen. Dann machen sich die meisten aus dem Staub. Spielen Sie nicht den Helden! Einbrecher sind zwar meist nicht bewaffnet, haben aber oft einen Schraubendreher dabei. Und der kann im Ernstfall auch zur Waffe werden.

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Von Felicitas Kock

Frei stehendes Einfamilienhaus oder Mietwohnung in einem großen Gebäude: Wo lebt man am gefährlichsten?

Das lässt sich pauschal nicht sagen. Es kommt darauf an, bestimmte Gefahrenquellen zu erkennen. Sowohl bei Einfamilien- als auch Mehrfamilienhäusern sind vor allem die Fenster und Terrassentüren im Erdgeschoss gefährdet. In Mehrfamilienhäusern sind außerdem die Wohnungen in den höheren Stockwerken ein beliebtes Ziel von Einbrechern. Ganz nach oben kommen - außer den Bewohnern selbst - kaum Leute. Einbrecher können dort unbeobachtet die Wohnungstüre bearbeiten. In ein Mehrfamilienhaus kommt man immer irgendwie rein - zum Beispiel, wenn man bei mehreren Parteien gleichzeitig klingelt. Da macht in der Regel irgendjemand auf. Außerdem kennen sich die Bewohner in großen Wohngebäuden gegenseitig oft kaum.

Sind Unbekannte im Hausflur denn gleich ein Grund zur Sorge?

Nicht unbedingt. Aber unser Ziel ist es, die Tatgelegenheiten für Einbrecher zu zerstören und da ist eine gut funktionierende Nachbarschaft ganz wichtig. Fremde würde ich ansprechen und fragen: "Kann ich Ihnen helfen? Was suchen Sie?" Wenn die Person darauf keine schlüssige Antwort geben kann, ist das verdächtig. Wem etwas auffällt, der sollte das melden und dafür die 110 anrufen. Im Idealfall schickt die Polizei dann Zivilfahnder vorbei, die auffällige Personen überprüfen und potenzielle Einbrecher im besten Fall schon vor der Tat aufhalten können.

Was kann man noch tun, um sich zu schützen?

Unsere Erfahrung zeigt: Wenn der Einbrecher nach drei bis fünf Minuten nicht rein kommt, bricht er ab. Zusatzschlösser für Türen und Fenster machen da einen entscheidenden Unterschied. Ein Beispiel: Im Fensterbeschlag sind die sogenannten Rollzapfen zum Verriegeln vielerorts Standard. Die hat ein Einbrecher in etwa 20 Sekunden aufgehebelt. Bei den anders geformten - und etwas teureren - Pilzkopfzapfen dagegen kann ein Einbrecher 20 bis 30 Minuten werkeln und kommt nicht hinein. Es ist wichtig, dass Sicherheitsprodukte wie Türen, Fenster und Schlösser von einem der fünf Prüfinstitute für Sicherheit zertifiziert sind. Bekannte Siegel sind zum Beispiel die der Prüfinstitutionen VdS oder ift. Die Zusatzverriegelungen müssen vom Fachmann eingebaut werden, damit sie richtig funktionieren. Von günstigen Angeboten aus dem Netz sollte man die Finger lassen.

Wo gibt es mehr Informationen zum Thema Umbau oder Nachrüstung?

Informationen, welche Möglichkeiten es gibt und welche Produkte die Polizei empfiehlt, gibt es im Internet auf der Seite www.k-einbruch.de. Außerdem hat jedes Landeskriminalamt eine Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle, die Auskunft zum Schutz gegen Einbruch gibt. Manchmal läuft das auch über die örtliche Polizeidienststelle, dann ist der Weg nicht so weit. Am besten sollte man bei der Polizei am eigenen Wohnort nachfragen, wo man die Informationen bekommt.

Wer eine Wohnung sicherheitstechnisch komplett nachrüsten will, muss dafür zum Teil mit einigen Hundert Euro Kosten rechnen. Viele Menschen scheuen diese Kosten, weil die Gefahr sehr abstrakt scheint. Zu Recht?

Sicherheit ist Wohnqualität. Zu sagen, dass es jeden treffen kann, geht vielleicht ein bisschen weit, denn wir wollen auch keine Panik verbreiten. Aber wir beobachten in unserer Beratungsstelle, dass sich viele Menschen gerade die psychologischen Folgen eines Einbruchs vorher kaum vorstellen können. Viele Betroffene wollen danach nicht mehr in ihre alte Wohnung zurück, müssen eine neue suchen und sind langfristig beeinträchtigt. Wer übrigens neu baut oder saniert, sollte sich von Anfang an mit der Sicherheit auseinandersetzen. Das ist dann meist viel günstiger als eine spätere Nachrüstung.

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Kann man in einer neu gebauten Eigentumswohnung davon ausgehen, dass die Sicherheit den höchsten Standards entspricht?

Leider nein. Es entstehen zurzeit im Neubau mehr unsichere Wohnungen und Häuser als solche, die wirklich sicher sind. Wir empfehlen zum Beispiel für komplett sichere Türen und Fenster den sogenannten RC2-Standard. Den verwenden aber bei weitem nicht alle Bauunternehmen, weil es den Investoren zu teuer ist.

Wenn tatsächlich eingebrochen wurde: Was sind direkt danach die wichtigsten Schritte?

Auf jeden Fall sollten Betroffene die Polizei rufen und - so weit möglich - bis zu deren Eintreffen nichts anfassen, um das Spurenbild nicht zu verändern. Außerdem sollte man seine Hausratsversicherung informieren. Am besten ist es, sich schon dann mit der Versicherung in Verbindung zu setzen, wenn klar ist, dass man Wertsachen wie größere Mengen Bargeld oder wertvollen Schmuck zu Hause aufbewahrt. Denn um solche Dinge zu versichern, machen viele Hausratsversicherungen bestimmte Auflagen. Auch, wenn die Haustüre nicht abgeschlossen oder Fenster gekippt waren, kann es Probleme geben. Deshalb sollte man sich am besten vorher genau über die Versicherungsbedingungen informieren. Empfehlenswert ist es generell auch, eine Liste mit den wichtigsten Wertgegenständen wie Handys, Computern und Fernsehgerät und deren Seriennummern zu erstellen und diese in digitaler Form sicher aufzubewahren, inklusive Fotos. Das erleichtert im Ernstfall vieles enorm.

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