Keine Lust auf McDonald's:"Dann stinkt es im ganzen Dorf"

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Warum die Gemeinde Geschendorf den Bau einer McDonald's-Filiale ablehnte. Ein Gespräch mit dem Bürgermeister.

Claudia Fromme

Normalerweise reiben sich Bürgermeister die Hände, wenn der US-Konzern McDonald's ein neues Restaurant im Ort bauen will. Gewerbesteuer entlastet die Gemeindekasse, neue Arbeitsplätze entstehen. Fritz Kock, ehrenamtlicher Bürgermeister von Geschendorf in Schleswig-Holstein, hat abgelehnt, dass mit dem Anschluss an die neue Ostseeautobahn A20 im Jahr 2008 ein McDonald's in sein 508-Einwohner-Dorf kommt. Man müsse ja nicht jede Mode mitmachen, meint der 66-Jährige.

Wird es in Geschendorf vorerst nicht geben: Eine McDonlad's-Filiale (Foto: Foto: AP)

SZ: Haben Sie etwas gegen Burger und Pommes, Herr Kock?

Kock: Nein, eigentlich nicht. Aber ich bin der Meinung, dass man nicht jeden Schiet mitmachen muss. In unserer Dorfgaststätte kriegt man alles, was man braucht. Grünkohl oder Schnitzel zum Beispiel. Es gibt da einen ausgebildeten Koch, und sein Essen kann sich mit allen anderen messen. Wir wollen nicht, dass ein fremdes Schnellrestaurant unserem "Lindenhof" Konkurrenz macht.

SZ: Waren Sie schon einmal in einer McDonald's-Filiale? Kock: Ja, ein einziges Mal vor zwei Jahren. Ich hatte einen Kurs an der Imkerschule in Bad Segeberg und bin schnell über die Straße in den McDonald's. Als ich die Schlangen sah, dachte ich: Ohne mich! Ich bin dann auf den Wochenmarkt gefahren und habe eine Wurst gegessen.

SZ: Sind alle damit einverstanden in der Gemeinde? Ihnen entgeht eine Menge Geld, wenn Sie McDonald's ablehnen.

Kock: Geld könnten wir gut gebrauchen, die Dorferneuerung vor einigen Jahren hat ziemlich was gekostet. Trotzdem haben alle neun Gemeinderäte sofort gesagt: Nee, die wollen wir nicht! Das hat nicht nur mit dem "Lindenhof" zu tun. Wir haben eine biologische Kläranlage im Ort, und wenn die ihr totes Wasser da reinschicken, stinkt es im ganzen Dorf, und am Ende kippen die Klärteiche um. Vom Müll ganz zu schweigen.

SZ: Wer darf denn stattdessen in Ihr neues Industriegebiet ziehen?

Kock: Auflage der Landesregierung war, dass ortsübliches Gewerbe dort angesiedelt wird. Einer aus dem Dorf will eine Autowerkstatt bauen und eine Tankstelle. Das bringt auch Arbeitsplätze.

SZ: War das nicht auch einer aus dem Dorf, der den McDonald's führen wollte?

Kock: Ja, das ist der Pächter von unserer Dorfgaststätte. Der wollte mit einem zweiten Lokal bei uns im Ort so richtig groß rauskommen.

SZ: Lässt der Sie noch in sein Lokal?

Kock: Ach, die Sache hat er längst vergessen. Zudem gehört der "Lindenhof" der Gemeinde, seit 30 Jahren ist er der Dorftreffpunkt. Aus der ganzen Region kommen Leute, um Hochzeiten und Geburtstage zu feiern, und eine Kegelbahn haben wir auch. Wir haben das schlau gemacht, denn anders als andere, die für ihr Dorfgemeinschaftshaus zahlen müssen, bekommen wir sogar noch Pacht dafür.

SZ: Und da würde Konkurrenz durch McDonald's eher stören?

Kock: Vielleicht hätte die Landesregierung das Schnellrestaurant sowieso nicht genehmigt. Zudem bin ich seit 1974 im Gemeinderat und weiß, dass man nicht immer auf die Industrie hören muss.

SZ: Sind Sie Globalisierungsgegner?

Kock: Das weiß ich nicht. Ich bin einfach geradeaus, mit mir gibt es keine Winkelzüge. In den vergangenen Wochen habe ich viele Anrufe gekriegt von Leuten, die das gut finden, was wir hier machen. Wer das war, habe ich vergessen. Mich schmeißt das nicht aus der Bahn. Mir machen meine Bienen viel mehr Sorgen.

SZ: Wieso?

Kock: Die fliegen jetzt schon herum, weil der milde Winter die Bäume zum Blühen gebracht hat und die Bienen aus dem Stock lockt. Jetzt fressen sie ihr ganzes Winterfutter auf. Meine Bienen sind von der amerikanischen Faulbrut verschont geblieben, auch von der Varroa-Milbe. Ich hoffe nicht, dass sie nun dem verspäteten Wintereinbruch zum Opfer fallen.

(SZ vom 23.1.2007)

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