James Dean:Verdammt in alle Ewigkeit

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Vor 50 Jahren starb James Dean, neben ihm im Porsche saß Rolf Wütherich, der nach dem Unfall depressiv wurde und tödlich verunglückte.

Martin Zips

Es war am 30. September 1955, als der amerikanische Schauspieler James Dean bei einem Unfall ums Leben kam. Sein deutscher Beifahrer, Rolf Wütherich aus Stuttgart, überlebte. An einer Kreuzung zwischen Los Angeles und San Francisco waren Dean und Wütherich in einem Porsche 550 Spyder auf den Ford eines amerikanischen Studenten geprallt. Seitdem ist über James Dean, der nur 24 Jahre alt wurde, viel geschrieben worden.

James Dean wurde nur 24 Jahre alt. (Foto: Foto: AFP)

Auch 50 Jahre nach dem Unfalltod pilgern Fans an die Unglücksstelle in der Nähe von San Luis Obispo County. Der Student, der offenbar Deans Geschwindigkeit unterschätzt und den Porsche von der Straße gedrängt hatte, gab Zeit seines Lebens keine Interviews. Er starb vor zehn Jahren an Krebs. Wer aber war Rolf Wütherich, der aus dem Wagen geschleudert wurde und schwer verletzt überlebte?

"Ein hübscher Kerl"

Der Schwabe Wütherich war damals 28 Jahre alt. "Ein hübscher Kerl", sagt sein Freund, der Stuttgarter Rennfahrer Eugen Böhringer, heute 83. "Rolf war Mitglied bei der Porsche-Versuchsabteilung. Er kam gut bei Frauen an - auch und gerade wegen seines kleinen Sprachfehlers".

Durchblättert man das Zeitungsarchiv nach alten Artikeln über Rolf Wütherich, so erfährt man, wie oft dieser Mann Glück im Leben hatte. Zum Beispiel 1952, als sein Wagen von einer Autobahnbrücke stürzte und auf der darunter liegenden Bundesstraße explodierte. Schon damals war Wütherich aus dem Wagen geschleudert worden und hatte überlebt.

Ein halbes Jahr später überschlug er sich mit seinem Testwagen in der Nähe von Heilbronn. Und als Rallyefahrer, so ist den stark vergilbten Zeitungsseiten zu entnehmen, verunglückte er "einige Male" in den französischen See-Alpen. "Er war wie besessen von schnellen Autos", sagt sein Freund Eugen Böhringer.

"Ich habe ihn überredet zu fahren"

Nach dem Krieg ging der einstige Fallschirmspringer Wütherich für Porsche als Mechaniker in die USA. Dort organisierte er Flugplatzrennen, freundete sich mit dem motorsportbegeisterten Filmstar James Dean an, betreute dessen Porsche.

Am 30. September 1955 waren sie gerade auf dem Weg zu einem Rennen. Obwohl Dean seinen Spyder noch nicht richtig beherrschte, "habe ich ihn dazu überredet, das Steuer zu übernehmen", sagte Wütherich einmal.

Bereits vor dem Unfall verpasste die Polizei Dean wegen überhöhter Geschwindigkeit einen Strafzettel. Einige Kilometer weiter geschah das Unglück.

Es dauerte vier Tage, bis Rolf Wütherich im Krankenhaus sein Bewusstsein wieder erlangte. In den USA wurde er noch viele Monate lang wegen einer Schädelfraktur, wegen Becken-, Ober- und Unterschenkelbrüchen stationär behandelt.

Dank seiner Bekanntschaft mit James Dean war nun auch Wütherich ein Star. "Liz Taylor stand an seinem Krankenbett", erinnert sich eine Frau, mit der Rolf Wütherich mal liiert war.

Nach seiner Entlassung reiste der Stuttgarter weiter mit Vorführwagen durch Amerikas Westen, machte Mechaniker und Verkäufer mit Autos aus Zuffenhausen vertraut. Drei Jahre nach dem Unfall sei er in einem Gasthaus plötzlich durchgedreht, erzählt sein Freund, der Mercedes-Fahrer Eugen Böhringer. Wütherich wurde in eine kalifornische Nervenheilanstalt eingewiesen und mit Elektroschocks behandelt. 1959 flog er nach Deutschland zurück.

In Stuttgart suchte er einen Psychotherapeuten auf, gewann wieder festen Boden unter den Füßen, arbeitete weiter für Porsche. 1965 wurde er gemeinsam mit Böhringer Zweiter bei der Rallye Monte Carlo, gewann auch die Vize-Europameisterschaft der Rallyefahrer.

Während eines Rennen stieg er einmal aus seinem Wagen aus, um einem verletzten Radfahrer zu helfen. Dafür erhielt er den Fair-Play-Sportpreis. "Eigentlich war er harmlos, nett und ein bisserl draufgängerisch", sagt seine ehemalige Ehefrau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Um sich ein neues Standbein aufzubauen, eröffnete Rolf Wütherich in Stuttgart eine Go-Kart-Bahn. Dann bekam er Depressionen, hatte Schulden, wollte keine Rennen mehr fahren, erlitt auf der Arbeit einen Nervenzusammenbruch, versuchte sich mit Tabletten umzubringen und schnitt sich die Pulsadern auf. Wieder wurde er in der Nervenklinik behandelt. Es sei die "schlimmste seelische Belastung" in seinem Leben gewesen, dass er damals James Dean ans Steuer gelassen habe, sagte er einmal.

Fans geben Wütherich Schuld

Nie währten Wütherichs Ehen länger als vier Jahre. Seine vierte Ehefrau stach er 1967 mit einem Küchenmesser nieder. Vor Gericht erklärte er, er habe sie gefragt, ob sie nicht gemeinsam mit ihm aus dem Leben scheiden möchte.

Den Abschiedsbrief hatte er bereits verfasst und auch mit ihrem Namen unterschrieben. Doch sie wollte nicht sterben. "Er hat 14 mal auf mich eingestochen", sagt sie in ihrem ersten Zeitungsinterview seit diesen Tagen.

"Ich hatte einen Schutzengel, dass ich überhaupt überlebt habe." Der Unfall mit James Dean habe wahrscheinlich Wütherichs Hirnsubstanz geschädigt, attestierte ein Gutachter beim Prozess vor dem Stuttgarter Schwurgericht.

Er fühle sich von Deans "manchmal hysterisch reagierenden Anhängern" verfolgt, sagte Wütherich. Deans Fans würden ihm eine Mitschuld für den Tod ihres Idols unterstellen. Der Autoexperte wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Später arbeitete er in einem Motorradladen in Kupferzell bei Schwäbisch-Hall.

Am 22. Juli 1981 meldete das Haller Tagblatt: "Rolf Wütherich (54), Anfang der fünfziger Jahre auf wichtigen Rennplätzen Mechaniker des amerikanischen Filmidols James Dean, zerbrach auch an diesem Ruhm. In der Nacht auf Dienstag verunglückte er tödlich in Kupferzell. In einer lang gezogenen Kurve in der Ortsmitte geriet er mit seinem Honda-Personenwagen infolge überhöhter Geschwindigkeit und vermutlich alkoholischer Einwirkung — so die Polizei — ins Schleudern und nach rechts von der Fahrbahn ab. Der Wagen prallte gegen eine Hausmauer. (...) Bis kurz vor seinem Unfalltod flatterten ihm Briefe von Dean-Fans ins Haus, die ihn für den Tod ihres Idols verantwortlich machten."

© SZ vom 27.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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