Interview:"Der Trend zeigt nach oben"

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Michael Botzet, Klimaforscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, befürchtet, dass Stürme noch schlimmer werden.

Patrick Illinger

SZ: Was kann man als Klimaforscher vom Hurrikan "Katrina" lernen?

Extrem in Windgeschwindigkeit und Ausmaß: Hurrikan "Katrina" (Foto: Foto: AP)

Michael Botzet: Man muss zunächst betonen, dass es in vielen Teilen der Welt immer wieder heftige Stürme gibt. Und jeder Sturm hat seine eigene Charakteristik. Der aktuelle Hurrikan in den USA war allerdings in der Tat ein außergewöhnlich extremes Ereignis. Das betrifft vor allem die Windgeschwindigkeit und auch die Größe, also die räumliche Ausdehnung. Dieser Sturm wird in Zukunft auf Rekordlisten auftauchen.

SZ: Wie viel weiß man über die Historie von Hurrikanen? Gibt es Messwerte, die es erlauben, Vergleiche zu machen?

Botzet: Anders als im asiatischen Raum beispielsweise, ist über die Geschichte der Wirbelstürme im westlichen Atlantik recht viel bekannt. Es gibt sogar Aufzeichnungen zu Hurrikanen aus der Zeit der spanischen Eroberer. Seit etwa 1900 wurden systematisch Daten gesammelt. Seit etwa 1950 sind die Messwerte lückenlos und wissenschaftlich verwertbar.

SZ: Gibt es eine generelle Tendenz? Werden Hurrikane stärker?

Botzet: Es gibt seit der ersten Hälfte der neunziger Jahre einen klaren Anstieg, was die Stärke von Hurrikanen betrifft. Das begann 1992 mit dem Sturm "Andrew". In den vergangenen zehn Jahren gab es nur zwei ruhigere Jahre, und diese waren von einem "El Nino" genannten Klimaphänomen gezeichnet, das sich im Pazifik abspielt und tendenziell Stürme im westlichen Atlantik unterdrückt. Interessant ist jedoch, dass es auch in den fünfziger und sechziger Jahren in dieser Region eine ähnlich heftige Phase gab mit einer ähnlichen Häufigkeit von Wirbelstürmen.

SZ: Täuscht demnach der Eindruck, dass es schlimmer wird? Ist das womöglich ein über 30 oder 50 Jahre wiederkehrendes Phänomen?

Botzet: Es gibt eine neuere Analyse aus den USA. Dort hat mein Kollege Kerry Emanuel verschiedene Parameter der Hurrikane eines Jahres, neben der Häufigkeit auch Windgeschwindigkeit und Dauer, zu einem Index zusammengeführt. Dieser beschreibt sozusagen die Gesamtenergie aller Stürme eines Jahres. Und in dieser Studie zeigt sich ein Trend nach oben.

SZ: Es gab in letzter Zeit Voraussagen, dass es in einigen Jahren auch am Mittelmeer zu ähnlichen Ereignissen kommen könnte.

Botzet: Das ist unsicher, weil ein Hurrikan große Wasserflächen braucht, um sich mit Energie voll zu saugen. Dazu ist das Mittelmeer eigentlich zu klein.

SZ: Wie gesichert ist der Zusammenhang zwischen menschengemachtem Kohlendioxid und der Heftigkeit tropischer Stürme?

Botzet: Sicher ist, dass die Menschheit zum Teil für den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Luft mitverantwortlich ist. Was die Zukunft der Stürme betrifft, so sind konkrete Aussagen schwierig, weil der Treibhauseffekt auch Folgen hat, die Stürme bremsen können. In höhere Luftschichten kommt beispielsweise mehr Bewegung hinein, was einen Hurrikan im Stadium seiner Entstehung auch bremsen kann.

(SZ vom 31.8.2005)

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