Internetseite murderauction.com:Zahlt sich Verbrechen aus?

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Der Markt des Makabren: ein Kunstwerk von Charles Manson, die Pistole von James Earl Ray. Im Internet werden Artikel von Serienmördern angeboten - und finden teilweise reißenden Absatz.

Jürgen Schmieder

Hadden Clark hat im Jahr 1992 alles getan, um ein Superstar zu werden. Der Amerikaner wollte jedoch kein Schauspieler oder Sportler sein, sondern Serienkiller. Er ahmte seine Vorbilder Clyde Barrow, Charles Manson und Jeffrey Dahmer nach. Dafür beging er unfassliche Verbrechen: Als Frau verkleidet ermordete er mindestens drei Menschen und aß sie anschließend auf. Er wurde gefasst und zu 70 Jahren Haft verurteilt, die er derzeit in einem amerikanischen Gefängnis absitzt.

Der Hit auf dem "Markt des Makabren": Zeichnungen des Massenmörders Charles Manson. (Foto: Screenshot: murderauction.com)

Clark ist dennoch kein Star - zumindest nicht in der makabren Subkultur, die gerade im Internet entsteht. Dort werden - man kann es nicht anders sagen - Fanartikel von Serienmördern versteigert. "Es gibt viele Sachen von Clark, vor allem Zeichnungen. Aber keiner interessiert sich dafür", sagt Tod Bohannon nüchtern. "Er schickt mir dennoch Zeug, also stelle ich es auf die Homepage."

Bohannon ist Gründer und Betreiber der Webseite murderauction.com, einer Art Ebay für Makabres. Seit der Online-Auktionshaus-Riese die Versteigerung der sogenannten Mörderabilia verboten hat, gibt es immer mehr Homepages, die sich genau darauf spezialisieren. Murderauction.com sieht nüchterner aus als die Ebay-Seite, die Artikel werden angeboten, als handelte es sich um Tickets für ein Spiel zwischen Energie Cottbus und Eintracht Frankfurt. "Signierte Autobiographie von James Earl Ray - fast neuer Zustand, keine Benutzspuren", steht bei einem Artikel, der gerade angeboten wird. Ray war der Mörder von Martin Luther King. Es gibt Original-Haare von Serienmörder Charles Manson oder eine Actionfigur von Hermann Göring.

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Der Markt für Mörderabilia ist erstaunlich groß, es werden zum Teil hohe Erlöse erzielt. Ein Gemälde von John Wayne Gacy - besser bekannt unter dem Namen "Killer Clown", weil er als Clown verkleidet zwischen 1972 und 1978 insgesamt 33 Menschen tötete - brachte kürzlich 4500 Dollar ein. Eine Handarbeit des Serienmörders Charles Manson verkaufte sich für 1800 Dollar, ein Briefumschlag des Kannibalen Ed Gein war einem Bieter 780 Dollar wert.

Findet keinen Abnehmer: Der signierte Wäschesack von Hadden Clark. (Foto: Screenshot: murderauction.com)

Es gibt einen handgeschrieben Brief von Frank "The Butcher" Hale, der gerade wegen mehrfachen Mordes im Staatsgefängnis von Florida sitzt. Er beschreibt darin, wie er zu seinem Spitznamen kam und dass er im Gefängnis eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Serienkiller anfing. Das Startgebot beträgt 75 US-Dollar, bisher gibt es noch keinen Bieter. Es mag zynisch klingen, aber es ist so: Je makabrer die Verbrechen, desto besser verkaufen sich die Artikel der Täter.

Zahlt sich Verbrechen also doch aus? Es gibt nicht nur murderauction.com, sondern viele andere Seiten wie etwa Serial Killer Central, Super Naught und Daisy Seven - das Motto dieser Homepage lautet "Where Crime Pays Everyday". Wenn verurteilte Mörder ihre Briefe und selbstgebastelten Actionfiguren versteigern, könnten sie sich das Leben im Gefängnis versüßen. Murderauction-Chef Bohannon versichtert zwar, dass er die Insassen nicht bezahlt. Er gibt jedoch zu, dass er ihnen Briefmarken schickt oder ein paar Dollar auf ihr kommissarisches Bankkonto überweist. Wie viel das ist, will er nicht sagen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Was der Betreiber sagt und ein Abgeordneter, der gegen die Versteigerungen vorgehen will.

"Ich schäme mich nicht für die Seite, schließlich glorifiziere ich diese Menschen nicht", sagt Bohannon. "Die Medien haben diese Menschen doch groß gemacht. Sie haben deren Namen bekannt gemacht und dafür gesorgt, dass sich Menschen dafür interessieren. Ich springe quasi nur auf einen fahrenden Zug auf." Niemand würde durch den Verkauf der Artikel reich werden. Sagt er.

Serienmörder lösen bei vielen Menschen eine, wenn auch makabre, Faszination aus. Anders lässt sich der Erfolg von Filmen wie "Natural Born Killers" und "Sieben" kaum erklären. Es ist der Reiz des Unvorstellbaren, der die Menschen anscheinend nicht mit Ekel abwenden lässt. "Das ist einfach All-American-Entertainment", schreibt David Berkowitz in seinen Memoiren. Er ermordete in den siebziger Jahren 13 Menschen. Seine Geschichte wurde 1999 im Film "Summer of Sam" von Spike Lee nacherzählt. Mörderabilia "sind nicht illegal", schreibt Berkovitz. "Aber ich bin mir sicher, dass es den Opfern und ihren Angehörigen Schmerzen bereitet, wenn sie davon hören. Das tut mir leid."

Aus diesem Grund will Dave Reichert gegen die Versteigerungen vorgehen. Der ehemalige Polizist ist Abgeordneter für den Bundesstaat Washington und hat gerade einen Gesetzesvorschlag eingebracht. "Meine einzigen Memorabilia sind leider unzählige Bilder von toten Menschen", sagt er. Als Polizist verfolgte er den Massenmörder Gary Ridgway, der zwischen 1982 und 1998 nach eigener Aussage 71 Menschen getötet hat und von dem nun Artikel unter dem Namen "The Green River Killer" versteigert werden.

Das Gesetz würde es verurteilten Mördern verbieten, Dinge aus dem Gefängnis hinauszuschicken und zum Verkauf anzubieten. Allerdings verlangt der Gesetzentwurf nicht, den Handel mit Mörderabilia zu untersagen. Deshalb vermuten amerikanische Rechtsexperten, dass die Versteigerungen weitergehen würden, auch wenn der Entwurf zum Gesetz wird.

Bohannon darf auf seiner Homepage also weiter makabre Dinge verkaufen - außer die Zeichnungen von Hadden Clark. Für die interessiert sich einfach niemand.

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