Insektenschwund:Das große Sterben

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Hummeln, Bienen und Schmetterlinge brummen, summen und flattern immer seltener. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Klimawandel, Zerstückelung der Landschaft, Überdüngung der Böden: Drei Viertel aller Insekten in Deutschland sind verschwunden. Das wurde 2017 wissenschaftlich belegt.

Von Tina Baier

Was viele Menschen längst geahnt haben, wurde dieses Jahr wissenschaftlich bewiesen: In Deutschland sterben die Insekten. Im Oktober erschien im Wissenschaftsmagazin Plos one eine Studie, die zeigte, dass die Zahl der Schmetterlinge, Mücken, Fliegen, Wespen und Bienen seit 1989 um durchschnittlich 76 Prozent zurückgegangen ist. Und das Erschreckendste: Diese Zahl bezieht sich auf Naturschutzgebiete. Wie mag es den Insekten da erst anderswo in Deutschland gehen?

Herausgefunden haben das nicht etwa Wissenschaftler einer der großen Forschungsorganisationen. Die Studie basiert vielmehr auf Daten eines kleinen entomologischen Vereins in Krefeld, dessen Mitglieder jahrzehntelang an insgesamt 63 Orten in Deutschland Insekten gefangen, gewogen und konserviert haben. Wer oder was schuld ist am großen Sterben, ist nach wie vor noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich sind es mehrere verschiedene Faktoren, die den Insekten zusetzen. Zu den Hauptverdächtigen zählen die allgegenwärtigen Stickstoffverbindungen, die in Düngemitteln enthalten sind, aber auch mit Abgasen aus Autos und Fabriken in die Umwelt gelangen. Die Zerstückelung und Versiegelung der Landschaft könnten eine Rolle spielen und natürlich die Insektizide, die in der Landwirtschaft aber auch in privaten Gärten Schädlinge in Schach halten sollen, aber eben auch nützliche Insekten töten.

Erschreckend an der Diskussion über das große Sterben ist aber auch, wie wenig man eigentlich über die Welt der Insekten weiß. Und das, obwohl diese Tiere für den Menschen und für das ganze Ökosystem essenziell wichtig sind. Ohne Insekten würden viele Pflanzen nicht mehr bestäubt und würden aussterben. Zahlreiche Tiere, die sich von Insekten ernähren, würden verhungern. Und irgendwann würden auch die Menschen die Folgen massiv zu spüren bekommen. Tatsache ist, dass weltweit drei Viertel aller Nahrungsmittelpflanzen mehr oder weniger davon abhängig sind, dass Tiere sie bestäuben. Die neue Studie lässt keinen Zweifel. Es ist höchste Zeit für Politik und Wissenschaft, einen Plan zur Rettung der Insekten zu schmieden.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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