Hilfe für China und Birma:Not und Not sind zweierlei

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Die Deutschen lassen den Menschen in Birma wesentlich mehr Geld zukommen als den Menschen in China. Woran das liegt, was das bewirkt - und worauf Spender achten sollen.

Birgit Lutz-Temsch

Am einen Ort hat die Erde gebebt, am anderen kamen Wind und Wasser. An beiden Orten brachte dieses kurze Verschlucken der Natur den Tod, immense Zerstörung, drohende Krankheiten, kurz: großes Leid für die Menschen, die das Unglück haben, an diesen Orten zu leben.

Ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes in Peking prüft eingegangene Geldscheine auf ihre Echtheit. (Foto: Foto: AFP)

Was unterscheidet nun das Leid der einen Menschen von dem Leid der anderen, die Hilfsbedürftigkeit der einen von der der anderen? Eine schwierige Frage, sagen die Vertreter von Hilfsorganisationen. Und doch muss es einen Unterschied geben.

Denn bei Caritas international sind bislang 780.000 Euro an Spenden für Birma eingegangen - und weniger als 50.000 für China. Ein nicht ganz so deutliches Bild bietet sich beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), das 695.000 Euro zweckgebundener Spenden für Birma und 284.000 Euro für China bekommen hat (Stand 20. Mai).

Svenja Koch, Sprecherin des DRK, will dieses unterschiedliche Spendenverhalten keineswegs werten. "Man kann nur spekulieren, auf was diese große Differenz zurückzuführen ist", sagt sie, "eine große Rolle spielt sicher, dass die Menschen jetzt über die Medien sehen, dass die Hilfe in Birma wirklich ankommt." Birma sei eines der ärmsten Länder der Welt, China eine große Wirtschaftsmacht - auch das könne eine Rolle spielen, so Koch. "Aber denken Sie an den Hurrikan Katrina. Die USA sind ja nun auch kein armes Land, und doch gab es eine immense Spendenbereitschaft." Aussagen über die Motivation von Spenden zu treffen, sei generell sehr schwierig, so Koch.

Gertrud Rogg, Sprecherin der Caritas international, spricht aus der gleichen Erfahrung: "Von China wird wahrscheinlich vermutet, dass die dortige Regierung eher in der Lage sei, den Menschen zu helfen. Deswegen entscheiden sich die Spender gerade für Birma", so Rogg. "Aber anfangs kamen die Spenden auch für Birma sehr zögerlich, weil kaum Informationen verfügbar waren. Insgesamt ist das Spendenaufkommen aber trotzdem überhaupt nicht vergleichbar mit anderen großen Katastrophen wie zum Beispiel beim Tsunami", sagt sie.

Um den Menschen in China dennoch helfen zu können, greift Caritas international einen anderen Hilfstopf an, "den wir hoffentlich wieder füllen können", so Rogg. In Birma beginnt die Caritas derzeit mit Schulungen für die einheimischen Helfer über Krisenarbeit und Traumaarbeit. "Das ist noch lange keine Feinarbeit, aber die Menschen müssen wissen, was sie jetzt am sinnvollsten tun können."

Hilfe für die Helfer

Zudem seien bereits etliche Mitarbeiter traumatisiert, die Hilfe benötigten. "Sie müssen sich vorstellen, dass die Helfer seit 14 Tagen immer nur die gleichen Bilder sehen. Sie fahren mit Booten durch überschwemmtes Gebiet und finden ständig Tote und Menschen, die in Schutt, Schlamm und Dreck sitzen und denen noch niemand geholfen hat."

Generell aber werden die ersten Hilfstransporte losgeschickt, bevor überhaupt Spenden eingehen, sagt Svenja Koch vom DRK. "Wir können ja nicht warten und sehen, wie viel wir bekommen", sagt sie, "Katastrophenhilfe muss vor allem schnell gehen." Die ersten Hilfslieferungen in Krisenregionen würden in der Regel finanziell vom Auswärtigen Amt getragen, das Mittel zur Verfügung stelle, um die sich die einzelnen Hilfsorganistionen bewerben können. "Außerdem haben wir beim DRK einen weltweiten Aktionsfonds, auf den wir zugreifen können, um schnell zu helfen." Nach Birma hat das DRK auf diese Weise Trinkwasseraufbereitungsanlagen geschickt, nach China ist derzeit ein mobiles Hospital unterwegs.

Helfen muss gekonnt sein

Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, das die Arbeit von Hilfsorganisationen überwacht und Siegel für seriöse Organisationen ausstellt, warnt davor, zuviel Kaffeesatzleserei zu betreiben, wenn es um Unterschiede beim Spendenaufkommen geht: "Es gibt bei beiden Ereignissen die bekannten begünstigenden und behindernden Faktoren."

Wer spenden möchte, solle bei der Wahl der Organisation darauf achten, dass es sich um eine seriöse, und vor allem eine kompetente Institution handelt: "Guter Wille und Seriösität allein reichen im Fall von Birma nicht aus", sagt Wilke. "Gerade unter solch schwierigen politischen Umständen können nur diejenigen Organisationen erfolgreich arbeiten, die bereits über ein Netzwerk in der Region verfügen und Erfahrung mit den dortigen Gegebenheiten haben."

Eine Hilfe sei bei der Wahl der Hilfsorganisation deshalb das Spendensiegel des Zentralinstituts: "Wir beobachten sehr genau, welche Organisationen zu Spenden für die betroffenen Regionen aufrufen und können beurteilen, ob diese Organisationen die erforderliche Kompetenz aufweisen, die garantiert, dass die Hilfe auch wirklich eingesetzt werden kann. Würden wir auf Organisationen stoßen, die ungerechtfertigt um Spenden bitten, würden wir das bei der jährlichen Vergabe des Siegels deutlich kritisieren."

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