Hells Angels und Bandidos:Angst vor Gewalteskalation im Rockermilieu

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Einen Tag nach den Schüssen auf einen prominenten Berliner Rocker hat die Polizei dessen Haus und Gaststätte durchsucht. Während die Ermittler in der Hauptstadt Medienberichten zufolge nun eine Eskalation der Gewalt fürchten, verläuft eine Bandidos-Beisetzung in Bottrop zunächst friedlich.

Ein führendes Mitglied der Berliner Hells Angels liegt mit lebensbedrohlichen Verletzungen im Krankenhaus, schwer bewacht von Polizeibeamten. Die Ermittler fahnden fieberhaft nach dem Täter; sie fürchten, die Gewalt im Rockermilieu könnte nach der Tat vom Sonntagmorgen weiter eskalieren. In der Nacht zum Montag haben Polizisten die Wohnung und die Kneipe des niedergeschossenen Rockers durchsucht.

Dabei seien Beweismittel sichergestellt worden, sagte eine Sprecherin der Polizei. Was genau gefunden wurde, sagte sie allerdings nicht. Die Behörden bitten mögliche Zeugen der Schüsse im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen sich zu melden.

Ein Unbekannter hatte am Sonntagmorgen mehrmals auf den Oberkörper des 47-Jährigen geschossen und ihn lebensgefährlich verletzt. In welchem Krankenhaus der niedergeschossene Rocker liegt und wie es genau um seine Gesundheit steht, wollte die Polizei am Montagvormittag nicht sagen. Beamte seien in der Klinik präsent, hieß es. Wie viele Schüsse auf den Rocker abgegeben wurden, blieb ebenfalls unklar. Nach Medienberichten sollen es sechs Kugeln in Brust und Bauch gewesen seien. Der Rocker soll im Koma liegen.

Berichten der Bild-Zeitung und Berliner Morgenpost zufolge wird jetzt eine Eskalation im sogenannten Rockerkrieg befürchtet. Der angeschossene Rocker soll schon länger im Visier der Ermittler stehen. Nach einem Bericht des Tagesspiegels sollen beim Landeskriminalamt "stapelweise Akten" über ihn vorliegen, Ermittler hätten sein Telefon abgehört. Die Polizei wollte sich zu diesen Berichten nicht äußern.

Der langjährige Präsident der Nomads, einer Berliner Ortsgruppe der Hells Angels, wurde Medienberichten zufolge vor dem Hintereingang des Lokals "Germanenhof" in Berlin-Hohenschönhausen niedergeschossen. Er soll Betreiber der Gaststätte sein, die als Treffpunkt der rechtsextremen Szene gilt.

Politik sucht Maulwurf bei der Polizei

Der Konflikt beschäftigt an diesem Montag auch die Politik: Im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sollte es unter anderem um die undichte Stellen bei der Polizei gehen. Am vergangenen Donnerstag waren die Sicherheitsbehörden in Berlin und Brandenburg mit einem massiven Aufgebot gegen die Rockergruppe Bandidos vorgegangen. Zuvor hatte Berlins CDU-Innensenator Frank Henkel eine Gruppe der Hells Angels verboten. Dabei hatte die Polizei mit einem Maulwurf zu kämpfen: Bevor sie zuschlagen konnte, lösten die Hells Angels MC Berlin City ihren Club selbst auf - sie hatten offenbar vorab von der Polizeiaktion erfahren.

Den kriminellen Rockern wird Drogen- und Waffenhandel vorgeworfen, außerdem sollen sie im Rotlichtmilieu aktiv sein.

In Bottrop ist indes ein mögliches weiteres Opfer des Rocker-Konflikts beigesetzt worden. Zahlreiche Motorradrocker kamen zur Beisetzung des Bandidos, der Ende Mai erschossen worden war. Die Motorradfahrer trafen sich zunächst in einer Gaststätte und wollten dann zusammen zum Nordfriedhof fahren, wie ein Polizeisprecher sagte. Es werde mit mehreren hundert Teilnehmern und einem friedlichen Ablauf gerechnet. Die Polizei sei nur zur Regelung des Straßenverkehrs vor Ort, sagte der Sprecher.

Der 43-Jährige Elektriker war Ende Mai mit einer tödlichen Schussverletzung neben seinem Motorrad an einer Straße zwischen Bottrop und Gladbeck gefunden worden. Er war Mitglied des Bandidos-Clubs in Dinslaken. In einem Gebüsch lag ein Revolver größeren Kalibers.

Die Tat gebe weiterhin Rätsel auf, sagte der zuständige Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen. So sei die tödliche Kugel trotz Spürhunden und Metalldetektoren nicht gefunden worden. "Die bleibt wohl weg." Auch der Tatablauf sei unklar. Nach der Bluttat waren Spekulationen aufgeflammt, dass es sich um einen Angriff des mit den Bandidos verfeindeten Motorradclubs Hells Angels handeln könnte. Dafür gebe es aber bisher keine konkreten Hinweise, sagte Lichtinghagen.

© Süddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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