Heinz Sielmann:Ein Pionier tritt ab

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Mit seinen "Expeditionen ins Tierreich" brachte er den Deutschen die Natur näher. Wie erst Sonntag bekannt wurde, ist der Biologe am Freitag im Alter von 89 Jahren gestorben.

Martin Zips

Seine Stimme war ebenso unverwechselbar wie die von Bernhard Grzimek. Eine sympathisch mahnende, leicht näselnde Lehrerstimme, die - aus Fernsehern und Projektoren schallend - Generationen von Deutschen die Wunder der Natur näher brachte. Meist waren es heimische Tierarten, die Heinz Sielmann mit seiner Kamera beobachtete.

Als einer der Ersten blickte er in den Fünfzigern durch Glasscheiben in tierische Gemächer. Eine Sensation. Heute freilich setzen millionenschwere Dokumentationen wie "Planet Erde" neue, spektakuläre Maßstäbe. Heinz Sielmann aber war ein Pionier. Er ebnete den Weg für viele, die ihm folgten.

Seine "Expeditionen ins Tierreich" (so 1965 bis 1991 der Titel seiner bekanntesten Fernsehreihe in der ARD) waren von einem unaufgeregten, kundigen Tonfall geprägt. Seine knappen Kommentare klangen weniger streng und ausufernd wie die von Grzimek (der ebenso wie Sielmann einen Sohn in Afrika verlor). Heinz Sielmann war auch weniger laut und politisch als sein ebenfalls prägender Kollege Horst Stern. Sielmann war Sielmann.

Engagement auch bei RTL

Ein Ostpreuße aus dem Rheinland, Sohn eines leidenschaftlichen Jägers. Schon mit 18 hielt er einen naturwissenschaftlichen Vortrag im Zoologischen Institut von Königsberg. 1938 drehte er mit "Vögel über Haff und Wiesen" seinen ersten Tierfilm. Seit Mitte der fünfziger Jahre kaufte die BBC fast alle Filme des Biologen. Im Auftrag des belgischen Königshauses entstand Ende der fünfziger Jahre im Kongo der Kino-Film "Herrscher des Urwalds", der in 27 Sprachen übersetzt wurde.

Später besuchte er mit seinem Team die Schildkröten auf den Galapagos-Inseln und andere Exoten - nicht ohne in seinen Produktionen immer wieder Brücken zu heimischen Tierarten zu schlagen. Bei aller Hunde- und Katzenliebe der Deutschen wusste er, wie fremd doch die Tiere außerhalb des Gartenzauns den meisten sind. In der Reihe "Sielmann 2000", die im Herbst 1991 bei RTL startete, verglich er aktuelles und älteres Filmmaterial und mahnte zum Umdenken in ökologischen Fragen.

Die ARD nahm ihm sein Engagement bei der Konkurrenz übel. Nach 35 Jahren beendete man die Zusammenarbeit. Bald darauf gründete Sielmann mit seiner Frau eine Stiftung für Naturschutz, die vor vier Jahren in Brandenburg riesige Gebiete erwarb - als Refugium für Tiere. Heinz Sielmann, er erhielt unzählige Auszeichnungen, starb am Freitag im Alter von 89 Jahren in München.

© SZ vom 9. Oktober 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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