Harald Glööckler empfängt Gina Lollobrigida:Der König hält Hof

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Seine Frisur erinnert inzwischen an Bill Kaulitz, sie wirkt auch noch ganz frisch: Harald Glööckler hat Gina Lollobrigida zum Empfang geladen - und zum Posieren vor Presse und Fotografen. (Foto: dpa)

Vor 82 Jahren wurde sie zum schönsten Kleinkind Italiens gewählt, in den 50er Jahren war Gina Lollobrigida die "schönste Frau der Welt". In den Achtzigern sorgte sie auf der Berlinale für einen Eklat - nun ist sie wieder da. Auf Einladung von Harald Glööckler. Ein besonderer Termin.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Vor 82 Jahren wurde sie zum schönsten Kleinkind Italiens gewählt, in den 50er Jahren war Gina Lollobrigida die "schönste Frau der Welt". In den Achtzigern sorgte sie auf der Berlinale für einen Eklat - nun ist sie wieder da. Auf Einladung von Harald Glööckler. Ein besonderer Termin.

Der Aufzug ist zu langsam für den Andrang. Im Flur des herrschaftlichen Gebäudes tummeln sich massenweise ungeduldig Wartender. Dabei haben doch alle keine Zeit: Der Termin ist knapp bemessen, nur eine gute halbe Stunde haben die Ausgesandten, um sich ein angemessenes Bild von den beiden Herrschaften zu machen, die am Dienstagabend zum Empfang geladen haben in die Galerie Glööckler, hoch oben im siebten Stock, Unter den Linden in Berlin.

Dieser Termin verspricht schließlich alles, was die Boulevardpresse sich nur wünschen kann: Promis, Protz und Peinlichkeiten. Denn: Harald Glööckler trifft Gina Lollobrigida. Deshalb wird es an diesem Abend sehr eng und bisweilen sehr ungestüm.

Den bizarren selbsternannten Modezar und die ehemalige italienische Filmdiva verbinde seit 20 Jahren eine enge Freundschaft, man lade anlässlich der Berlinale zum Empfang, hieß es in der Einladung. An diesem Abend heißt es aber: Von Fragen zur Berlinale und zum Thema Diva sei bitte abzusehen. Da bleibt zum Fragen nicht viel übrig. Das macht aber nichts.

Zwei Diven, viel Tamtam

Es ist nicht leicht, sich bis zu den Diven - beide schwarz gewandet, mit viel Make-up und viel Glitzer auf güldenen Stühlen thronend - durchzukämpfen. Sie sind umrankt von Fotografen, die sich gegenseitig die Ellbogen in die Seite rammen und mit Gebrüll zu übertrumpfen versuchen ("Noch kein Bild verkooft, aber hier einen auf dicke Hose machen!"). Wer es doch schafft, merkt schnell: Interviews sind zwar erwünscht, aber in der Kürze der Zeit und bei dem Geschrei kaum möglich.

Auf die Frage, ob die Freundschaft (Lollobrigida eröffnete eine von Glööcklers ersten großen Modenschauen; sie lud ihn später zu sich nach Rom ein und infizierte ihn mit der Leidenschaft zur Malerei) auf Zuneigung oder auf einer Geschäftsbeziehung beruhe, wird natürlich geantwortet, dass es sich um eine tiefe Verbundenheit handele. Viel mehr kann Glööckler nicht sagen, weil Lollobrigida lieber über ihren eigenen Erfolg reden will. So ist das unter Diven.

Königinmutter is amused

Er kann nur noch erzählen, dass das Geheimnis seiner schier unbändigen Schaffenskraft darin liege, dass er einfach Spaß daran habe, Kleider, Tapeten, Bilder und die für ihn schönstmögliche Umgebung zu entwerfen. Spaß haben andere auch, aber was macht gerade ihn so erfolgreich? Da ist das Interview auch schon wieder vorbei, denn es warten ja so viele andere. Zum Beispiel Michel Friedmann, der "La Lollo" unbedingt noch investigativ vor der Kamera befragen möchte, ob sie ihre Meinung über Homosexuelle geändert habe. Hat sie offenbar.

Im Anschluss wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit diniert, viel mehr passiert nicht an diesem Abend zwischen Champagnerempfang und der Zurschaustellung des eigenen Prunks. Der König und die Königinmutter haben Hof gehalten. Das muss ja auch reichen.

Gina Lollobrigida wurde im Alter von drei Jahren bereits zum "schönsten Kleinkind Italiens" gewählt, es folgten diverse Schönheitstitel, bevor die Tochter eines Möbelherstellers sich zur Opernsängerin, Malerin und Bildhauerin ausbilden ließ und auf der Straße in Rom für erste Statistenrollen entdeckt wurde. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren wurde die Schauspielerin durch Filme wie "Der Glöckner von Notre Dame", "Die schönste Frau der Welt" oder "Die Strohpuppe" dem italienischen und auch internationalen Publikum zum vergötterten Sexsymbol und danach allmählich von der jüngeren Sophia Loren abgelöst. In den Siebzigerjahren zog sie sich aus der Schauspielerei zurück und begann wieder zu malen, fing an, Kollegen zu fotografieren und Filme über ihr Heimatland zu drehen - noch heute stellt sie Skulpturen aus.

Die Sache mit dem Heiraten

In den Achtzigerjahren sorgte die Grande Dame, die sich selbst als "hartnäckig und starrköpfig, als enthusiastisch und impulsiv" bezeichnet, als Jurypräsidentin der Berlinale für einen Eklat, indem sie sich weigerte, den Film "Stammheim" über den RAF-Terrorismus zu prämieren. Und nun ist sie doch wieder zur Berlinale angereist - für Glööckler.

Wie alt sie inzwischen genau ist, darüber schweigt eine Diva natürlich. Nur soviel ist klar: weit über 80. Trotzdem machte sie kürzlich wieder Schlagzeilen, indem sie verkündete, ihren Ex-Freund, einen mehr als 30 Jahre jüngeren spanischen Unternehmer, anzeigen zu wollen. Weil er sie in ihrer Abwesenheit und gegen ihren Willen geheiratet habe, um an ihr Vermögen zu kommen. Ein paar Jahre zuvor noch hatte sie über die Presse verkünden lassen, die Medien seien schuld daran, dass diese 22-jährige Beziehung auseinandergebrochen sei. Sie hätten dem Armen so zugesetzt, dass er dem Druck nicht mehr standgehalten habe.

Dagegen klingt die Lebensgeschichte von Harald Glööckler fast schon langweilig: Der 1965 in Maulbronn-Zaisersweiher (Schwaben) als Harald Glöckler geborene Designer ist immer noch mit seinem inzwischen 63-jährigen Lebensgefährten Dieter Schroth zusammen, den er "den Herrn Schroth" nennt und den er in den 80er Jahren in einer Disco in Stuttgart kennengelernt hat. Der im Vergleich bieder wirkende Herrenausstatter und ehemalige Fußballspieler hatte sich damals gerade von seiner Familie getrennt. Darauf legt Glööckler auch heute noch Wert, dass er sich niemals einen verheirateten Mann geangelt hätte. Und immer noch wirken die beiden, Glööckler als kreativer Paradiesvogel, Schroth als zurückhaltender Organisator, mit ihrem gemeinsam aufgebauten millionenschweren Modeimperium wie ein zwar erstaunliches aber dennoch perfekt eingespieltes Paar.

Aber auch Glööcklers Biographie zeigt Züge von Tragik: Als Jugendlicher musste er nach eigenen Angaben mitansehen, wie sein Vater sich am Tod seiner Mutter schuldig machte (sie starb nach einem durch den Vater versursachten Treppensturz) - und ähnlich wie einst Michael Jackson und Liz Taylor verbindet ihn mit der Diva Lollobrigida eine Verehrung, die sich auch in äußerlicher Verwandlung zu manifestieren scheint.

Neverland in Berlin

Doch Glööckler, der Schwabe, scheint aus handfesterem Holz geschnitzt zu sein als der frühere King of Pop: Seine Version der Neverland-Ranch besteht aus einem 1400-Quadratmeter-Loft mit 22 Zimmern und Blick aufs Brandenburger Tor, dessen Preis (20 000 Euro Kaltmiete) und Ausstattung (Prunk und Protz, gekrönt mit seinem Markenzeichen, dem goldenen Krönchen) Vox-Zuschauer vor einem Jahr in einer verfilmten Homestory bewundern konnten. Und seine Verbindung mit Herrn Schroth werde demnächst auch noch ehelich besiegelt, verspricht der Designer, der nach eigenen Angaben bekannter ist als Lagerfeld. Er hätte die Hochzeit nur zuletzt um ein Jahr verschieben müssen, weil ihm dieser angebliche "Koks-Skandal", wie die Bild-Zeitung titelte, dazwischen gekommen sei, weshalb er inzwischen auch noch ein Buch geschrieben hat, das "Der Medienskandal" heißt, und in dem er alles aufklären will.

Sich mit der Bild-Zeitung anzulegen, das trauen sich nicht viele, die gleichzeitig vom Boulevard so stark abhängig sind. Und so offen schwul, kitschig und protzig, eben "pompöös" zu leben, das trauen sich ebenfalls die wenigsten in der Öffentlichkeit. Es ist wohl eins seiner Geheimnisse, dass Glööckler einfach macht, worauf er Lust hat. Und dass ihn dafür viele insgeheim bewundern. Auch wenn sie öffentlich über ihn lachen.

Dass außerdem im Aufzug Witze über Übergewichtige gemacht werden, obwohl Glööckler einen nicht unerheblichen Teil seines Vermögens mit Mode für ebenjene über den Shoppingsender QVC verdient: geschenkt. Schließlich geht es an diesem Abend nicht um die Geheimnisse des Ruhms. Sondern nur um dessen möglichst glamourösen Schein.

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