Großbritannien:Stromdieb festgenommen

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Ein Brite lädt seinen Handyakku in der Bahn - und landet daraufhin auf einer Polizeiwache. Über Stromklau und seine Folgen.

Von Tarek J. Schakib-Ekbatan, München

Es gibt das Gerücht, dass irgendwo auf dieser Welt Menschen leben, die aus voller Absicht heraus kein Handy besitzen, weil sie keines wollen, ja, tatsächlich, und man muss zu dem Schluss kommen, dass es sich dabei um glückliche Menschen handelt. Menschen, die niemals die Sorge haben, dass der Akku leer wird. Und die also niemals verhaftet werden können, weil sie ihn aufladen wollten, so wie der Brite Robin Lee, 45 Jahre alt, der vergangene Woche mit leerem Akku durch London fuhr. Vier Polizisten haben ihn und sein Handy wegen "Verdachts auf Stromentwendung" und "inakzeptablem Verhalten" mit aufs Revier genommen, wie die Transportgesellschaft TfL am Mittwoch mitteilte. Ob er dort sein Telefon zu Ende aufladen durfte, ist nicht bekannt. Er kam jedenfalls wenig später wieder frei.

Das Aufladen von technischem Gerät in Londoner Bahnen ist verboten, weil die Steckdosen nur dem Reinigungspersonal in stillstehenden Zügen vorbehalten sind. Beim Laden von Akkus während der Fahrt könne es durch die wechselnde Stromspannung zu Schäden am Gerät kommen. Dieser Hinweis stand offenbar auch auf Schildern in der Bahn, mit der Lee unterwegs war. Als ihn ein Beamter im Zug darauf hinwies, soll er aggressiv geworden sein, er ließt sich nicht vom Laden abbringen.

Auch in Deutschland kann die Jagd nach Strom zum Justizfall werden. Martin Waßmer vom Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Köln sagt: "Nach Paragraf 248c ist Stromdiebstahl strafbar." Der Paragraf sei um 1900 eingeführt worden, heute könne Stromklau mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.

Vor elf Jahren bereits sorgte der Fall eines Studenten aus Trier für Aufsehen. Der Mann reiste zu einer Tagung nach Kassel, dort angekommen, wollte er in seinem Laptop nach der Adresse seiner Unterkunft sehen. Aber: Akku leer. Also stöpselte er das Gerät am Bahnhof ein und wurde daraufhin vom Bundesgrenzschutz verhaftet. Ein paar Monate später erhielt er einen Brief: Es laufe ein Ermittlungsverfahren wegen Stromdiebstahls gegen ihn. Der Schaden dürfte unter einem Cent gelegen haben.

"Wer eine Steckdose nutzen darf, liegt allein in der Hand des Gebäudebesitzers", sagt Waßmer. Auch in der Not eines leeren Akkus solle man sich vergewissern, dass man die nächstgelegene Steckdose verwenden darf - egal ob am Arbeitsplatz, Bahnhof oder im Rathaus. Meist erkenne man das an Hinweisschildern oder an der Platzierung (zum Beispiel: die Steckdosen bei der deutschen Bahn direkt am Sitzplatz). Steht hingegen "Nur für Reinigungspersonal" daneben, sollte man überlegen, den Akku lieber woanders zu laden.

Waßmer warnt vor allem Wiederholungstäter: Wer mehrmals beim Stromklau erwischt wird, müsse mit höheren Geld- oder sogar Freiheitsstrafen rechnen. Wer hingegen im Falle einer Ermahnung sofort kooperiert und den Stecker zieht, riskiert wahrscheinlich gar nicht erst eine Anzeige.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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