Griechenland und die Onassis:Insel der griechischen Tragödien

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Wieder einmal wird heftig spekuliert, ob Athina Onassis den legendären Familienbesitz Skorpios verkaufen will.

Kai Strittmatter

Eines wenigstens ist gewiss: Skorpios liegt wie eh und je im Ionischen Meer, unweit der Hafenstadt Nidri, ein grünes, dicht bewaldetes Eiland von 80Hektar, das ab und an von Touristenbooten angesteuert wird, die die Schaulustigen an einem Strand für ein paar Stunden aussetzen, bevor sie wieder in See stechen müssen. Denn Skorpios ist nicht irgendein Flecken Land.

Wieder einmal geht das Gerücht, die Milliardenerbin Athina Onassis de Miranda wolle die griechische Insel Skorpios verkaufen. Diesmal soll Bill Gates einer der Interessenten sein. (Foto: Foto: dpa)

Seit 1962 im Besitz der Onassis'

Skorpios ist seit dem Jahr 1962, als ein paar tausend Dollar den Besitzer wechselten, die Insel der Familie Onassis. Hier errichtete Aristoteles Onassis, einst Flüchtling aus dem anatolischen Smyrna, dann Hotelpage und Tabakhändler, schließlich Großreeder und einer der reichsten Männer der Welt, sein Feriendomizil; hier heiratete er eine der berühmtesten Frauen der Welt, Jacqueline Kennedy, Witwe des ermordeten US-Präsidenten. Deshalb ist Skorpios immer für eine Nachricht gut. Athina Onassis, melden britische Zeitungen, die junge Enkelin und Erbin, wolle Skorpios verkaufen. Bill Gates zeige Interesse.

Einsame Inseln haben stets die Phantasie von bedrängt und bescheiden lebenden Stadtbewohnern beschäftigt, sagenhaft reiche Menschen ebenso. Und erst recht einsame Inseln, die sagenhaft reichen Menschen gehören, deren Leben von Skandalen und Schicksalsschlägen begleitet wurden.

Privatinsel gehört zum guten Ton

Heute hat jeder, der es sich leisten kann, seine Insel: Johnny Depp auf den Bahamas, Richard Branson in der Karibik, Björn Borg in Schweden. Skorpios aber war die Insel, die den Trend auslöste: Seit dem 20.Oktober 1968 gehörte die Privatinsel zum guten Ton. An jenem Tag heirateten auf Skorpios Aristoteles Onassis und Jackie Kennedy. Der Playboy des Jahrzehnts und die Witwe des Jahrhunderts. Ein paar Jahre zuvor erst waren der Jetset geboren worden und der "Playboy" als stilprägender Typus; ein paar Jahre zuvor erst hatte Federico Fellini der jungen Zunft der Paparazzi ihren Namen verpasst. Und hinter keinem Paar waren die Jäger so her wie hinter Kennedy und Onassis.

Als das Paar heiratete, sperrte man die Fotografen auf die Nachbarinsel. Die Braut trug Valentino, einen Faltenrock, beige, der 23 Jahre ältere Bräutigam erschien mit roter Krawatte, wie immer geknüpft mit dem nach ihm benannten Onassis-Knoten. Der Papst hatte großzügig über die Scheidung des Bräutigams hinweggesehen und der katholischen Braut den Segen zur griechisch-orthodoxen Zeremonie gegeben.

Es regnete, die Griechen trösten an einem solchen Tag das Brautpaar mit dem Spruch, der Regen bringe Glück. Er brachte keines. Alexander, Onassis' Sohn aus erster Ehe, sagte: "Es war das perfekte Paar: Mein Vater liebte berühmte Namen. Und Jackie liebte Geld." Immerhin: Die Kennedy-Witwe, die in den USA Angst um ihre Kinder hatte, besaß nun auf Skorpios einen Zufluchtsort. Und einen Mann, der die Piloten seiner Olympic Airways schon mal nach New York schickte, um ihren Kindern John und Caroline das Kuscheltier oder Hot Dogs einfliegen zu lassen. Sie richtete sich auf der Insel ihr sagenhaft luxuriöses "Pink House" ein.

Es war der Ehe dennoch kein Glück beschieden: Sie nahm ihm übel, dass er weiter mit seiner alten Liebe Maria Callas gesehen wurde; er lästerte über ihre Einkaufstouren, von denen sie auch schon mal mit 200 Paar Schuhen zurückkam. 1973 kam sein Sohn Alexander bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Zwei Jahre später starb der Vater, an gebrochenem Herzen, wie es in den Nachrufen hieß.

Jackie Onassis wird mit 26 Millionen Dollar abgefunden. Die Insel, die Schiffe, der Schmuck, die Villen und Schlösser in der Schweiz, in Paris, in New York, das alles geht zunächst an Christina Onassis, die Tochter aus erster Ehe. Als Christina Onassis 1988 mit 38 Jahren stirbt, da war sie der Boulevardpresse jahrelang Futter gewesen für Schlagzeilen über "Fluch" und "Tragödie" einer Familie wie aus hellenischen Legenden. Tablettensüchtig, zeitweise verwahrlost, vier Ehen, darunter eine mit einem mutmaßlichen KGB-Agenten. Als sie stirbt, hinterlässt sie eine dreijährige Tochter: Athina, die einzige Erbin der Familie.

Wenig Bezug zu Griechenland

Athina Onassis de Miranda wächst in der Schweiz auf, spricht kaum Griechisch. Mit 18 wird sie zur Erbin des Milliardenvermögens. "Der Name Onassis ist mir zum Albtraum geworden", sagt sie einmal. Athina Onassis ist Sportlerin, als Springreiterin tritt die heute 24-Jährige ab und zu für Griechenland an.

Sie lebt in der Schweiz und in Brasilien, scheut die Öffentlichkeit, produziert keine Skandale. So sehr aber hallt das Echo der Vergangenheit nach, dass Jahr für Jahr das Gerücht Schlagzeilen macht, Athina Onassis wolle Skorpios verkaufen - auch jetzt wird wieder spekuliert. Auf der Insel leben heute nur mehr ein paar Wärter. Bill Gates schweigt, Athina Onassis schweigt, die Insel liegt da wie immer. Es liegen dort begraben Aristoteles, Alexander und Christina Onassis.

© SZ vom 12.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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