Der Fall des Gift-Erpressers von Friedrichshafen ist nach Einschätzung der Ermittler aufgeklärt. Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft sagten am Samstag in Konstanz, sie seien "der festen Auffassung", dass es sich bei dem festgenommenen Mann um den Täter handele. Er habe den Vorwurf der versuchten räuberischen Erpressung gestanden, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Samstagabend mit.
Gegen den 53-Jährigen war nach einer Anhörung Haftbefehl ergangen, während der er ausgesagt hatte, er habe keine weiteren vergifteten Lebensmittel verteilt. Hinweise auf einen oder mehrere mögliche Mittäter gibt es derzeit nicht. Das Motiv des Verdächtigen ist noch unklar.
Die Sonderkommission war durch Hinweise aus der Bevölkerung auf den Mann aufmerksam geworden und hatte ihn am Freitagabend in Ofterdingen im Kreis Tübingen festgenommen. Er ist den Ermittlern zufolge ein Mann mit psychischen Auffälligkeiten. Es gebe Brüche in seiner Biografie, sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer am Samstag in Konstanz. Der Mann sei ein exzentrischer Einzelgänger.
Beweise durch Fotos und DNA-Spuren
Dem zuständige Oberstaatsanwalt Alexander Boger zufolge lebt er seit 2005 in Baden-Württemberg. Zuvor war er in Bayern gemeldet gewesen. Weitere Angaben wollte Stürmer mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des Verdächtigen nicht machen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger sagte, dass der Mann nach ersten Erkenntnissen eine strafrechtliche Vorbelastung habe. Details nannte er nicht, weil ihm die Akte noch nicht vorliege. Laut Boger drohen dem mutmaßlichen Erpresser zwischen 5 und 15 Jahren Haft im Fall einer Verurteilung. Er schloss eine mögliche Beschuldigung auch wegen versuchter Tötung nicht aus. In dem Fall könnte er bei einem Schuldspruch auch zu lebenslanger Haft verurteilt werden.
Die Beweislast gegen den Verdächtigen gilt nach dem Abgleich mit den Fahndungsfotos und von DNA-Spuren als erdrückend. Bei dem Mann sei auch das Gift gefunden worden, mit dem Babynahrung in Friedrichshafen versetzt worden war.
Trotz der Festnahme gibt die Polizei noch keine Entwarnung: "Die Verbraucher sollten nach wie vor beim Einkauf wachsam sein", sagte ein Polizeisprecher. Kunden sollten auf manipulierte Produkte achten und die Polizei im Zweifelsfall informieren. Es gebe derzeit keine Erkenntnisse, dass der festgenommene 53-Jährige in Supermärkten oder Drogerien mehr vergiftete Lebensmittel als die bereits gefundenen Gläschen mit Babynahrung platziert habe - "die Geschichte ist aber nach wie vor aktuell", fügte der Sprecher hinzu.
Skrupelloser Täter
In einer E-Mail an die Polizei, den Verbraucherschutz und mehrere Lebensmittelkonzerne vom Mitte September war damit gedroht worden, bis Samstag 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen. Der Erpresser forderte einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag. Schon Mitte September waren fünf mit Ethylenglycol vergiftete Gläschen mit Babynahrung in Friedrichshafen entdeckt worden.
Angaben darüber, welche Produkte und welche Filialen konkret betroffen sein sollen, hatte der Täter nicht gemacht. Er hatte aber angekündigt, nationale und internationale Niederlassungen deutscher Lebensmittelkonzerne und Drogeriemärkte treffen zu wollen. "Wir nehmen diese Drohung sehr ernst", hatte Oberstaatsanwalt Alexander Boger am Donnerstag in Konstanz erklärt.
Die Polizei hatte am selben Tag Fahndungsbilder veröffentlicht und den Erpresser auch im Ausland gesucht, vor allem in Österreich und der Schweiz. Dabei setzte sie auf Mithilfe der Bevölkerung.