Gewalt an Nürnberger Hauptschule eskaliert:Schüler verprügeln einen Polizisten

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Zehn Jugendliche befreien einen 14-Jährigen aus einem Polizeiauto, rufen per Mobiltelefon Verstärkung herbei und schlagen auf den Beamten ein.

Olaf Przybilla

Nach Auskunft der Polizei seien Raufereien auf Schulhöfen ,,zwar nicht mehr unüblich''. Dass dazu allerdings auch Ältere aus der Nachbarschaft zu Hilfe gerufen werden, sei völlig neu, sagte Polizeisprecher Peter Grösch. ,,Eine Prügelei unter Schülern sollte hier offenbar Eventcharakter bekommen.''

"Keine Gewalt an unserer Schule": Ausschnitt aus einem Plakat an der Nürnberger Hauptschule (Foto: Foto:)

Der betroffene Beamte erlitt bei der Prügelei leichte Verletzungen. Er musste zwar nicht dienstunfähig geschrieben werden, doch leidet er noch unter psychischen Problemen. Der Polizist habe sich bei der Auseinandersetzung nicht richtig zu wehren getraut, schließlich seien die meisten der Schläger erst 14 oder 15 Jahre alt gewesen.

Einige von ihnen seien an dem Beamten hochgesprungen und hätten versucht, ihn ins Gesicht zu schlagen. Mit Hilfe des herbeigerufenen 19-Jährigen brachten sie ihn schließlich zu Fall. Der Beamte sei Respekt von Schülern gewohnt gewesen, deshalb habe er mit so heftigen Attacken ,,nicht gerechnet'', hieß es. Um die eskalierende Situation in den Griff zu bekommen, wurden ein Dutzend Streifenwagen an die Friedrich-Wilhelm-Herschel-Hauptschule gerufen. Mehrere Beamte konnten den am Boden liegenden Beamten schließlich aus dem ,,Schwitzkasten'' der Schüler befreien.

Sowohl Schule als auch Polizei betonten gestern, bei der Hauptschule in der Nürnberger Südstadt handele es sich um keine ,,besonders von Gewalt betroffene Schule''. 60 Prozent der Schüler sind nach Angaben des Nürnberger Schulreferates Jugendliche mit Migrationshintergrund. Schulleiter Jan Titgemeyer erklärte, die Vorfälle seien ,,die Ausnahme, nicht die Regel''.

Allerdings hatten Beamte bereits in der vergangenen Woche an der Hauptschule eingreifen müssen: Am Freitag war es - nach einer harmlosen Provokation - zu einer Schlägerei gekommen, bei der sich ein 15-Jähriger eine ,,blutige Nase'' geholt hatte. Deswegen rückte die Polizei seit Anfang der Woche mit drei zivilen Streifenwagen an der Hauptschule an, um weitere Eskalationen zu verhindern und rivalisierende Klassen nach dem Unterricht voneinander fernzuhalten.

Nürnbergs Schulreferent Dieter Wolz spricht von einer ,,schlimmen Eskalation''. Zu befürchten sei, dass ,,dies nur die ersten Anzeichen einer ganz neuen Form der Gewalt an Schulen'' sei. Er habe dergleichen schon länger befürchtet. In Nürnberg bekommen derzeit nur 15 Prozent aller Hauptschüler einen Ausbildungsplatz. ,,Wir lassen hier eine ganze Generation in der Perspektivlosigkeit.''

Elternbeirat Ulrich Akinci warnt davor, Lehrkräfte für die Eskalation verantwortlich zu machen. Gefordert seien Politik und Gesellschaft und vor allem die Eltern: ,,Wenn jetzt schon 14-Jährige auf Polizisten losgehen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.''

Auch Nürnbergs Polizeipräsident Gerhard Hauptmannl zeigt sich ,,äußerst besorgt'' über den Übergriff auf den Beamten. Die Polizei ermittelt nun gegen den 14 Jahre alten Jugendlichen, der bereits mehrfach als Täter in Erscheinung getreten ist. Er wurde mittlerweile von der Schule verwiesen. Gegen weitere zehn Jugendliche laufen Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Gefangenenbefreiung.

© SZ vom 16.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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