Fernsehen:Was uns zusammenhält

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Europäischer Brückenschlag: Die Oder trennt das deutsche Frankfurt/Oder und das polnische Slubice – man kann auch sagen: verbindet sie. (Foto: Christopher Rowe/ZDF)

Vor der EU-Wahl ist viel von Prozentzahlen die Rede - eine ZDF-Doku reist in fünf Länder und fragt, wie es den Menschen dort geht.

Von Susan Jörges

"Ach Europa, was ist bloß los mit dir?" 30 Jahre nach dem Mauerfall treffen sich EU-Befürworter auf Großstadtplätzen und fürchten ein Erstarken rechter Parteien, in vielen Ländern hat sich die EU-Euphorie jedoch in Kleinmut und Ängstlichkeit verwandelt. Kurz vor der anstehenden Europawahl am 26. Mai reiste ZDF Zoom-Autor Kersten Schüßler von Polen bis nach Portugal und wollte wissen: Wie geht es Menschen in Europa mit Europa?

Das Ergebnis des Roadtrips ist ein verdichtetes Stimmungsporträt, eine EU-Analyse im Schnelldurchlauf: In Polen hat das Vertrauen in die EU seinen bisherigen Tiefstand erreicht. Die Unterstützung rechter Parteien nimmt zu, dabei profitiert kaum ein anderes Land mehr von EU-Subventionen. Schüßler besucht die Polin Kasia Bylock, die 15 Jahre in London lebte, aufgrund des bevorstehenden Brexit jedoch in ihr Heimatland zurückkehrte. Polen profitiere infrastrukturell zwar von der EU, sagt Bylock und zeigt Schüßler neu erbaute, solar-betriebene Parkbänke. Dennoch habe die EU-Euphorie die Polen bisher nicht erreicht - hat die EU ein Marketingproblem?

Im ländlichen Derby in Großbritannien, das trotz Brexits an den kommenden Europawahlen teilnehmen wird, fehlen weit und breit Wahlplakate. "Außer der Wahlbenachrichtigung wissen wir nichts über die Wahl und die Kandidaten", beklagt Emma Stapleton, die als Pflegebedürftige eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung nach dem Brexit befürchtet. "RIP our Future" steht auf den Plakaten der Brexit-Gegner, sie warnen vor einem Bürgerkrieg in Irland. Eins haben Gegner und Befürworter gemeinsam: Beide sind enttäuscht von der Regierung, "die haben keine Ahnung was sie da machen", postuliert ein einsamer Brexit-Befürworter mit Fahnenhütchen vor dem Big Ban.

Kersten Schüßler fährt weiter nach Frankreich, hier ist die Zustimmung zur EU fast so niedrig wie in Großbritannien. Quentin Delahoche wohnt in einem Pariser Vorort und wünscht sich eine Restauration der EU, klare Ziele und Maßnahmen müssten genannt werden, damit die Zustimmung zur EU in Frankreich wieder steige.

Hat denn überhaupt jemand einen Plan für Europa, fragt sich Schüßler, und trifft einen Wirtschaftsexperten auf dem Wiener Prater. Stephan Schulmeister warnt im Falle eines Zusammenbruchs der EU vor einem Wirtschaftskrieg, bei dem vor allem Deutschland als Exportmeister verlieren würde. "Wir müssen weggehen von einer Nationalisierung" meint Schulmeister und schlägt einen "New Deal" für Europa vor, verbunden mit massiven Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Arbeitsplätze.

Hoffnungsschimmer gibt es auf der letzten Station. Für die Portugiesen geht es nach der Eurokrise wieder aufwärts, die Zustimmung zur EU ist hier trotz strengen Sparkurses in den letzten Jahren deutlich gestiegen. "Wir brauchen ein Europa der Gemeinsamkeiten", sagt Celia Caeiro, vom Theater Lissabon.

Europa im Umbruch - Was wurde aus Friede, Freude, Götterfunken? ZDF, Mittwoch, 22.45 Uhr.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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