Familiendrama:Zwillingsschwester "um Haaresbreite" entkommen

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Die beiden toten Mädchen in Niedersachsen geben der Polizei weiter Rätsel auf: Dringend tatverdächtig ist die Mutter, ihr Motiv ist aber noch völlig unklar. Ebenso, warum ihre dritte Tochter überlebt hat.

Nach dem Familiendrama in Niedersachsen hat die Polizei am Mittwoch erste Details der Ermittlungen öffentlich gemacht: Die beiden bei Goslar getöteten Mädchen sind demnach an zahlreichen Schnitt- und Stichverletzungen gestorben. Tatwaffe seien zwei Küchenmesser, erklärte die Polizei auf einer Pressekonferenz. Die Schwester der beiden sei nur "um Haaresbreite" einem ähnlichen Schicksal entkommen.

Ermittler der Polizei stehen vor dem Haus im Langelsheimer Stadtteil Astfeld, in dem am Dienstag zwei kleine Mädchen tot aufgefunden worden waren. Verdächtigt wird die Mutter. (Foto: dpa)

Die Fünfjährige sei am Dienstagmorgen mit leichten Schnittverletzungen zu ihrem im Nachbarhaus wohnenden Großvater gerannt und habe ihn alarmiert, dass zu Hause etwas Schreckliches geschehen sei, berichtete ein Polizist. Der Großvater fand dort die Leichen seiner fünf Jahre alten Enkelin im Flur. Deren vier Monate Schwester lag mit schwersten Stichverletzungen in ihrem Kinderbett. Das dritte Mädchen war nur oberflächlich verletzt und ist inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden und befindet sich in der Obhut ihrer Großeltern. Beamte betreuen die Zwillingsschwester der Fünfjährigen psychologisch.

Anhaltspunkte für das Tatmotiv gibt es bislang nicht. Es lasse sich "zur Zeit nicht zwingend herleiten". Dringend tatverdächtig ist nach wie vor die 34-jährige alleinerziehende Mutter der drei Mädchen. Sie habe apathisch am Tatort gesessen, hieß es auf der Pressekonferenz. Und auch sie musste mit Schnittverletzungen an den Händen behandelt werden.

Vieles deute darauf hin, dass die Mutter nicht die seelische Stabilität zur Bewältigung ihrer Situation besessen habe. Am Tattag habe sich möglicherweise die Lage aus Sicht der Frau "situativ" zugespitzt. Sie sei in psychischer Behandlung gewesen und erst im März aus einer Klinik entlassen worden. Damals sei aber ausdrücklich von den Ärzten festgestellt worden, dass keine Eigen- oder Fremdgefährdung von ihr ausgehe.

Die Mutter hatte von sich aus Kontakt zum Jugendamt gesucht. "Sie hat auch Hilfe bekommen dort"" sagte einer der Ermittler. Spekulationen über mögliche Versäumnisse der Behörden könnten nicht abgeleitet werden, betonte er.

Auf eigenen Wunsch wurde die Mutter bereits befragt, eine echte Vernehmung sei aber wegen der psychischen Belastung noch nicht möglich gewesen, erklärte die Polizei. Sie wurde vorläufig in eine psychiatrische Klinik gebracht. Auch die Großeltern und die Väter der toten Kinder hätten bisher nicht zu den Vorfällen vernommen werden können - die beiden Mädchen hatten unterschiedliche Väter.

"Das ist furchtbar"

Die alleinerziehende Mutter lebte offenbar relativ zurückgezogen in Astfeld, einem Ortsteil der Harz-Gemeinde Langelsheim bei Goslar. Die Verwaltungsangestellte hatte 2002 einen Lehrer geheiratet, lebte aber getrennt von ihm.

Die Nachbarn zeigten sich geschockt: "Eine ganz nette liebe Familie", sagte eine 73-Jährige aus der Nachbarschaft. Sie kannte die Mutter schon als junges Mädchen. Dass sie verdächtigt wird, zwei ihrer Kinder umgebracht zu haben, kann die Rentnerin nicht fassen: "Das ist furchtbar."

In Langelsheim findet am Mittwochnachmittag ein Trauergottesdienst für die beiden toten Kinder statt. "Das ist eine ganz furchtbare Geschichte. Wir alle können noch gar nicht fassen, was da in unserer Stadt passiert ist", erklärte der Bürgermeister.

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