Familiendrama in Berlin:Vater gab Tochter vor Tat in Babyklappe ab

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Die Nachbarn waren besorgt, weil das Auto tagelang auf dem gleichen Parkplatz stand: In Berlin hat ein Mann seine Frau und seine beiden Söhne getötet, bevor er sich selbst das Leben nahm. Nur die einjährige Tochter der Familie verschonte der 69-Jährige.

Nach dem Fund von vier Leichen in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Gatow hat die Polizei Einzelheiten zum vermutlichen Tathergang bekanntgegeben. "Hier hat sich eine Familientragödie abgespielt", sagte ein Sprecher. Demnach hat ein 69-Jähriger erst seine 18 Jahre alte Frau und seine beiden kleinen Söhne getötet. Dann erstickte der Mann sich selbst. Nur die einjährige Tochter überlebte die Tat des Vaters.

Hintergrund des tödlichen Dramas waren wohl hohe Schulden. Dies gehe aus dem Abschiedsbrief des Mannes hervor, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Berlin.

Nachbarn hatten am Dienstagabend kurz nach 20 Uhr die Feuerwehr alarmiert, weil der Wagen der Familie tagelang auf demselben Parkplatz stand. Die Feuerwehrleute brachen daraufhin die Wohnungstür auf und fanden die Leichen.

Die Jungen im Alter von drei und sechs Jahren wurden in ihrem Zimmer entdeckt. Vermutlich seien die Kinder und die 28 Jahre alte Frau bereits seit Tagen tot gewesen, sagte der Polizeisprecher. Bei der Frau und den beiden Kindern spreche vieles dafür, dass sie erstickt wurden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es werde aber nicht ausgeschlossen, dass sie vergiftet oder vorher mit Tabletten betäubt worden waren. Die toxikologischen Untersuchungen dauerten an. Der 69 Jahre alte Wirtschaftsberater soll sich mit einer Plastiktüte über dem Kopf erstickt haben, hieß es aus Ermittlerkreisen.

Bevor er seine Frau und die beiden Söhne tötete, brachte der Familienvater seine Tochter in ein Krankenhaus. Die knapp Einjährige sei in der Babyklappe des Waldkrankenhauses in Spandau abgegeben worden, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Er bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung.

Mädchen an Babyklappe abgegeben

Eine Kliniksprecherin sagte, das Kind sei am frühen Montagmorgen in der Babyklappe abgelegt worden. Ärzte hätten sich sofort um das Mädchen gekümmert, der Einjährigen gehe es gesundheitlich gut. "In solchen Fällen ist es üblich, dass die Kriminalpolizei und der Krisendienst des zuständigen Jugendamtes informiert werden", erklärte die Sprecherin. Der Säugling sei noch am Montag in die Obhut eines Kinderheims gegeben worden.

Es habe mehrere Abschiedsbriefe gegeben, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Einer lag demnach neben dem toten Mann. Drei weitere sollen an verschiedene Empfänger verschickt worden sein. "Das klingt nach einer absolut geplanten Tat." In dem Brief aus der Wohnung werde die Tat chronologisch geschildert, so Sprecher Steltner. Demnach brachte der Mann zunächst seine Frau, dann die Söhne um. Danach sei er zum Waldkrankenhaus Spandau gefahren, um die kleine Tochter abzugeben. Anschließend sei er zurückgekehrt. Dort soll er sich erst später das Leben genommen haben.

Nach den Leichenfunden am Dienstagabend war die Mordkommission zum Tatort ausgerückt, ebenso die Spurensicherung und die Gerichtsmedizin. Experten fotografierten mit spezieller Lasertechnik die Räume der Etagenwohnung, um später daraus 3-D-Modelle erstellen zu können. Auch sollten Fingerabdrücke und mögliche DNA-Spuren gesichert werden. Nachbarn wurden befragt, sollen aber auch in den kommenden Tagen noch einmal vernommen werden.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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