Erster schwarzer Bürgermeister Osteuropas:Obama von Piran

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Peter Bossman ist der erste schwarze Bürgermeister Osteuropas. Ein Gespräch über Vergleiche mit dem US-Präsidenten, Rassismus und seine tolerante slowenische Stadt.

Corinna Nohn

Im äußersten Südwesten Sloweniens liegt Piran. Bislang war die Küstenstadt mit 17.000 Einwohnern nur für ihre malerische Altstadt, das gute Klima und die nahen Salinen bekannt. Aber am Sonntag hat der aus Ghana stammende Arzt Peter Bossman mit 51,4 Prozent die Stichwahl ums Bürgermeisteramt gewonnen - der 54-Jährige ist nun der erste schwarze Bürgermeister Osteuropas. Slowenische Medien nennen ihn den "Obama von Piran".

Obama von Piran: Der neue Bürgermeister Peter Bossman. (Foto: REUTERS)

SZ: Guten Tag Herr Bossman. Oder soll ich Herr Obama sagen?

Bossman: Oh nein! Es ist eine Ehre, mit Präsident Obama verglichen zu werden. Aber ich bin ich, nicht Obama. Ich möchte einfach nur der Bürgermeister von Piran sein, bessere Internetverbindungen schaffen und Elektroautos fördern. Ich bin nicht gewählt worden, weil ich schwarz bin, sondern weil ich vieles anders machen möchte als mein Vorgänger.

SZ: Das klingt nun doch nach "change". Sie treten Ihr Amt zwar erst im November an, aber ein wenig Wandel haben Sie ja schon nach Piran gebracht. Zumindest kennt jetzt alle Welt Ihre Stadt.

Bossman: Es ist unglaublich. Ich habe gewusst, dass ich der erste schwarze Bürgermeister in Slowenien und meinetwegen auch Mitteleuropas sein würde. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es die ganze Welt interessieren würde. CNN hat mich angerufen, die BBC, Radio France - ich hänge den ganzen Tag am Telefon.

SZ: Ihr Erfolg ist deshalb so bemerkenswert, weil Rassismus und Ausländerfeindlichkeit ja in weiten Teilen Europas leider noch Dauerthema sind. Und gerade auf dem Balkan kommen ja nicht einmal Menschen miteinander klar, die dieselbe Sprache sprechen.

Bossman: Piran ist ganz anders. Es gibt zwar nur drei oder vier andere Schwarze. Aber hier leben so viele Menschen unterschiedlicher Herkunft: Italiener, Kroaten, Bosnier. Wir sind eine sehr tolerante Stadt.

SZ: Ärgert es Sie, dass Ihr Erfolg nun auf die Farbe Ihrer Haut reduziert wird?

Bossman: Wenn meine Geschichte ein Zeichen setzt, dann ist es die Sache wert. Ich bin gerne ein Vorbild für andere, die politisch an den Rand gedrängt werden. Jeder, der hart arbeitet und an sich glaubt, kann Erfolg haben.

SZ: Naomi Campbell sagte, sie hätte als schwarzes Model 110 Prozent geben müssen, um ganz nach oben zu kommen. Definitiv mehr als ihre weißen Kolleginnen. Sie sind 1977 zum Medizinstudium nach Ljubljana gekommen, haben Ihre Frau kennengelernt und sind geblieben. Wie hart mussten Sie kämpfen?

Bossman: Als ich meine Praxis aufgebaut habe, musste ich auch mindestens doppelt so hart arbeiten wie andere, um das Vertrauen der Leute zu gewinnen und zu beweisen, dass ich ein guter Arzt bin. Aber jetzt kennen die Leute mich, und manche Patienten haben gesagt: Ich wähle Sie nicht, Herr Bossman, ich will Sie doch als Arzt behalten.

SZ: Klingt, als seien Sie perfekt integriert. Allerdings stehen im Internet ein paar hässliche Kommentare, auch unter Ihren Youtube-Videos.

Bossman: Einige wenige rassistische Bemerkungen, das stimmt. Aber ich lebe schon so lange in Europa, ich habe eine slowenische Frau und zwei Kinder, und ich bin zufrieden damit, wer und wie ich bin. Solche Bemerkungen können mich nicht mehr verletzen. Ich bin ein in Afrika geborener Wahlslowene, und ich bin stolz darauf.

SZ: Integration ist gerade auch ein großes Thema in Deutschland. Was ist aus Ihrer Sicht das wichtigste, um in einem anderen Land heimisch zu werden?

Bossman: Du kannst nicht einfach alles so machen, wie du es von zu Hause gewöhnt bist. Du musst manches hinter dir lassen. Ich meine nicht die Religion oder die Art und Weise, wie man sich anzieht, oft sind es Kleinigkeiten. In Ghana ist es zum Beispiel völlig normal, dass man einfach bei Freunden zu Hause vorbeischaut, wenn man Lust hat, sich zu unterhalten. Hier in Slowenien habe ich schnell gemerkt, dass ich das nicht machen kann: Meine Freunde haben ganz komisch geschaut, wenn ich ohne Voranmeldung in ihrem Vorgarten stand. Sie möchten, dass man vorher kurz anruft, und sie möchten, dass man pünktlich ist.

SZ: Wie ist das denn mit der Sprache. Ich habe gelesen, Sie müssen noch ein wenig Nachhilfe in Slowenisch nehmen?

Bossman: Das habe ich auch gelesen, in den ausländischen Medien, und das ist Blödsinn. Die Sprache zu beherrschen, ist natürlich sehr wichtig. Und mein Slowenisch ist nicht perfekt, aber sehr gut. Ich bin Arzt, und mein Slowenisch reicht auch aus, um Bürgermeister zu sein.

© SZ vom 28.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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