Erotikkonzern Beate Uhse:Die Entschmuddelung

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Die Pornobranche ahnt: "Der Konsument von morgen will Sex mit Stil und Genuss". Der Todesstoß für die klassischen Videokabinen von Beate Uhse - sie sollen schickeren Angeboten weichen.

Titus Arnu

Der Raum für sexuelle Phantasien ist baulich eng begrenzt. Gerade mal so groß wie eine Zugtoilette ist die Kabine. Das Ambiente ist sachlich gehalten: schwarze Polstersitze, abwaschbare rote Plastikwände, an der Wand eine Rolle mit Papiertüchern.Wer einen Geldschein in den Automaten schiebt, kann ein paar Minuten lang vielfältige Arten der geschlechtlichen Vereinigung auf dem Bildschirm beobachten, darunter einige, von denen man nicht einmal ahnte, dass sie anatomisch möglich sind. Bis zu 380 Porno-Programme sind in den Videokabinen der Beate- Uhse-Shops per Knopfdruck abrufbar, für die schnelle Triebabfuhr zwischendurch.

Beate-Uhse-Filiale in Berlin: das Image soll poliert werden. (Foto: Foto: ddp)

Nun hat der Flensburger Erotik-Konzern verkündet, er wolle sein Image aufpolieren und viele seiner Läden entschmuddeln. Beate-Uhse-Sexshops in den Einkaufsstraßen von Innenstädten sollen zu Erotik-Kaufhäusern für Paare umgestaltet werden. Viele Konsumenten, besonders Frauen, ekeln sich vor den Videokabinen. Die Kammern werden deshalb großteils geschlossen oder zu Umkleidekabinen umgebaut - ein Paradigmenwechsel im Pornogewerbe.

Den ersten Sexshop der Welt eröffnete Beate Uhse 1962 in Flensburg unter der spießigen Bezeichnung "Fachgeschäft für Ehehygiene". 1989 installierte der Sexkonzern in Hannover die ersten Viodeokabinen, nachdem die Pornographie-Gesetze gelockert worden waren. Mittlerweile gehören die Geschäfte zum typischen Inventar der deutschen Fußgängerzonen, wie McDonald's und H&M.

Diese Woche bekräftigte der Erotik-Konzern, er wolle seine "führende Stellung" in der Branche auszubauen. "Neue Lifestyle-Trends eröffnen neue Wachstumschancen", sagt Beate-Uhse-Vorstandschef Otto Christian Lindemann, "der Konsument von morgen will Sex mit Stil und Genuss", behauptet er. Deshalb wird die Marke Beate Uhse mit großem Aufwand "upgegraded", wie Assia Tschernookoff, Sprecherin des Erotikkonzerns, es ausdrückt.

"Das Todessperma des Dr. Mabumsen"

In den Fußgängerzonen will das Unternehmen Paare und Frauen mit "Premium-Erotikshops" ansprechen. Statt verschwiemelter Heftchen und ranziger Videokabinen gibt es dort "hochwertige Sexspielzeuge" und extravagante Dessous zu kaufen. Vorreiter für das Konzept ist der 2007 in der Münchner City eröffnete "Flagship-Store", nach dessen Vorbild weitere Shops in Dortmund und Passau umgebaut wurden. Daneben will der Konzern weiterhin Videokabinen und Pornokinos betreiben, in sogenannten "Fun Centern", die in Gewerbegebieten und an Autobahnen angesiedelt sind.

Mit der neuen Verkaufsstrategie reagiert die Pornobranche auf eine Entwicklung, die mit der Situation in der Musikindustrie vergleichbar ist. Machten Sexfilme vor zehn bis 15 Jahren noch zwei Drittel des Konzernumsatzes bei Beate Uhse aus, sind es mittlerweile nur noch 30 Prozent. Der Download von Pornos im Internet ist bequemer und kostengünstiger als der Kauf im Sexshop - und zudem nicht so peinlich.

Die Pornofilmindustrie macht mit DVDs zwar mehr Umsatz als Hollywood mit seinen Blockbustern - jeden Monat erscheinen in Deutschland 1000 neue Titel, von "Alice im Ständerland" über "Das Todessperma des Dr. Mabumsen" bis "Hairy Potter und die Kammer des Schleckens". Wer will, kann sich solche Filme einfach aus dem Internet herunterladen oder in einem Onlineshop bestellen - eine Videokabine braucht man dafür längst nicht mehr.

© SZ vom 4.4.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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