Ernst August vor Gericht:Zwei Ohrfeigen, mehr nicht

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In dem wieder aufgerollten Strafprozess um eine angebliche Prügel-Attacke will Ernst August von Hannover seine Ehre retten - und bekommt überraschend Schützenhilfe.

Jens Schneider, Hildesheim

Hildesheim - Damals, in den ersten Stunden dieser Nacht im Januar 2000, da stand der Zeuge Frank N. richtig unter Schock. "Ich hatte Angst um den Joe", sagt der 53-Jährige vor dem Landgericht Hildesheim. Der Joe, gemeint ist der Hotelbetreiber Josef Brunlehner, war nicht nur sein Arbeitgeber in Kenia. Der Joe, das war auch sein Freund, damals. Und der klang in dieser Nacht "nach Hilfe ringend". Er klagte, dass er fürchterlich verprügelt worden sei vom Prinzen Ernst August von Hannover. Er hörte sich "sehr verletzt" an. Joe habe Angst gehabt, dass sein Herz das alles nicht mitmacht.

Ernst August Prinz von Hannover: Im neu aufgerollten Prozess soll nun endgültig geklärt werden, ob der Adlige einen Discobesitzer verprügelt hat. (Foto: Foto: Getty)

Also hat Frank N. damals alles getan, um seinen Chef per Flugzeug nach Mombasa zu holen, damit er dort auf der Intensivstation behandelt werden kann. Neun Jahre später sagt er vor Gericht: "Der Brunlehner hat uns alle verarscht. Er hat uns vorgemacht, dass er verprügelt wurde." Der aus Kenia gekommene Zeuge spricht von einer Inszenierung, "die zwar nicht oscarverdächtig war, aber deren schauspielerische Leistung schon eine Würdigung Wert ist." Der Prinz habe blechen sollen, eine Million Dollar oder mehr. "Brunlehner war wie versessen."

Es sind Aussagen wie diese, die nach Ansicht der Verteidigung des Prinzen Ernst August einen höchst aufwendigen Strafprozess zu dessen Gunsten entscheiden sollen. Sie sollen den Mann von Prinzessin Caroline von Monaco von dem Vorwurf der schweren Körperverletzung entlasten können. Und für den Prinzen, der freilich schon durch andere Attacken eine fragwürdige Reputation hat, gehe es um die Ehre, hieß es vor dem Prozess.

Vor mehr als neun Jahren hatten Ernst August und der ursprünglich aus Bayern stammende Hotelbetreiber Brunlehner eine kurze, aber folgenschwere Begegnung auf der Ferien-Insel Lamu in Kenia. Ernst August räumt ein, dass er Brunlehner damals zwei Ohrfeigen gegeben habe. Er habe sich über den Lärm aus Brunlehners Diskothek geärgert.

Der freilich hat vor neun Jahren und auch vor Gericht eine andere Version erzählt. Er beklagte, dass der Prinz ihn verprügelt und schwer verletzt habe. Damals ließ er sich ins Krankenhaus bringen, Reporter und Fernseh-Teams wurden einbestellt und berichteten lustvoll vom neuesten Ausraster des Prinzen. Ernst August wurde später zu einer Strafe von 445.000 Euro verurteilt. Mit großem Aufwand haben seine Anwäte dieses Wiederaufnahmeverfahren erreicht.

Am Dienstag erzählte sein früherer leitender Mitarbeiter nun, wie er seinerzeit immer mehr Zweifel an Brunlehners Version bekommen habe - bis er sicher war, dass sie aufgebauscht wurde. Er charakterisierte ihn als phantasievollen Geschichten-Erzähler, er sei fast ein Münchhausen: "Er hat es zwar nicht geschafft, auf einer Kanonenkugel zu reiten. Aber er ist nicht weit entfernt davon."

In seinen Erzählungen sei Brunlehner mit dem Papst zur Schule gegangen, habe blaues Blut und sogar Wale mit seinem Motorboot ohnmächtig gefahren. Der Zeuge zählte Begebenheiten und Aussagen weiterer Mitarbeiter auf, die Brunlehners Version erschüttern. Auch der behandelnde Arzt in Momba habe sich über die Inszenierung empört und das Prinzen-Opfer von der Intensiv-Station verwiesen. Das alles bedeutet längst nicht, dass der Prozess vor dem Ende steht. Auch für Brunlehners Version gibt es Zeugen. Zudem wird ein Auftritt von Prinzessin Caroline erwartet. Sie soll gesehen haben, dass sich ihr Mann mit nur zwei Ohrfeigen begnügte.

© SZ vom 08.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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