Ermittlungen in Köln:Ursache des ICE-Unfalls noch unklar

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Nach der Entgleisung nahe Köln will die Bahn die Achsen der Züge künftig in erheblich kürzeren Abständen überprüfen. Indes sucht die Staatsanwaltschaft weiterhin nach dem Auslöser des Unglücks.

Hans Leyendecker

Die Kölner Staatsanwaltschaft will in den nächsten Tagen wegen des ICE-Unfalls vom Mittwoch die ersten Vernehmungen durchführen. Ein ICE 3 war kurz nach der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnhof mit einem Achsenbruch aus den Schienen gesprungen. Bislang liegen den Strafverfolgern, die Ende vergangener Woche ein Verfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts der Gefährdung des Bahnverkehrs einleiteten, nur Aussagen von Reisenden vor, die sich spontan nach dem Unfall bei der Polizei gemeldet hatten.

Die Überprüfung von bisher etwa der Hälfte der 61 ICE-3-Modelle der Deutschen Bahn hat noch keinen Hinweis auf die Unfallursache in Köln ergeben. (Foto: Foto: dpa)

Fünf Zeugen hatten bei der Bundespolizei in Köln angegeben, angeblich sei das Fahrpersonal von ihnen bereits kurz hinter Frankfurt auf merkwürdige Geräusche im Wagen 23 des ICE 518 aufmerksam gemacht worden. Ihre Hinweise seien nicht ernstgenommen worden. Ein sechster Fahrgast, der in Siegburg ausgestiegen war, hatte sich später bei der Polizei gemeldet und erklärt, er habe einen Zugbegleiter auf Geräusche aufmerksam gemacht.

Hinter Siegburg, etwa 15 Fahrminuten vor Köln, soll dann das Zugpersonal mit der Fehlersuche begonnen haben. Warum der Zug nach dem Halt in Köln den Hauptbahnhof Richtung Dortmund mit der offenkundig defekten Achse verließ, ist ebenso unklar wie die Ursache für die Entgleisung. Ein Bahnmitarbeiter, der im Zug, aber nicht im Dienst war, soll dann kurz nach Anfahren des Zuges die Notbremse gezogen haben, nachdem Metallteile der kaputten Achse über die Gleise schleiften. Muttern und Schrauben des Gleises wurden auf mehreren Metern abgerissen.

Ob die Notbremsung oder etwas anderes zur Entgleisung führte, ist nach Aussage des Kölner Oberstaatsanwalts Günther Feld "noch völlig unklar". Spezialisten der TU Aachen sollen jetzt die gebrochene Achse untersuchen. Auch das Bonner Eisenbahnbundesamt ist eingeschaltet. Das Zugpersonal müsste nur dann juristische Konsequenzen fürchten, wenn das Problem mit der Achse offenkundig gewesen wäre und wenn die Geräusche typisch für einen drohenden Achsenbruch waren.

Die Bahn will nun Konsequenzen ziehen: Künftig sollen bei den Modellen der neuesten ICE-Generation die Achsen nicht mehr erst nach 300.000, sondern schon nach 60.000 Kilometern kontrolliert werden, sagte die Bahnsprecherin Barbara Tünnemann. Es handele sich um "eine reine Vorsichtsmaßnahme". In den vergangenen Jahren hatte es bei keinem ICE 3 ähnliche Probleme mit der sogenannten Radsatzwelle gegeben. Auch in der Literatur finden sich keine vergleichbaren Fälle. Fachleute wiesen darauf hin, dass die Achse des ICE schon länger beschädigt gewesen sein müsse, weil der Stahl nicht abrupt, sondern langsam reiße. Der Defekt war bei keiner Überprüfung des Wagens gefunden worden.

Bis Sonntagabend wurde mehr als die Hälfte der 61 Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ ICE 3 Züge auf Probleme mit der Achse kontrolliert. Es gab keine Befunde. Auch am Wochenende kam es durch die Überprüfungen der Züge in den Werkstätten zu Behinderungen im Fernverkehr. Vor allem im Raum Köln und Frankfurt sowie auf der Strecke Dortmund-München gab es Einschränkungen. Auf manchen Strecken wurden andere Züge eingesetzt. Die Bahn geht davon aus, dass bereits am Montag die ICE-Strecken weitgehend wieder befahren werden können.

© SZ vom 14.07.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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