Entscheid des EU-Gerichtshofs:Schnaps per Post in den Norden

Lesezeit: 1 min

Der Europäische Gerichtshof hat das schwedische Alkoholmonopol in Teilen für rechtswidrig erklärt - Online-Schnapsläden brechen jetzt vor dem Ansturm zusammen.

Gunnar Herrmann

Künftig dürfen Schweden Alkohol für den Privatgebrauch per Versandhandel im europäischen Ausland bestellen. In einigen EU-Ländern - etwa in Deutschland - gibt es seit längerem Getränkemärkte, die sich auf Skandinavien spezialisiert haben.

Mehr Schnaps für Schweden (Archivbild). (Foto: Foto: dpa)

Sie bieten auf schwedischsprachigen Webseiten Schnaps, Wein und Bier an und verschicken ihre Ware per Post. Auf diese Weise umgehen sie die hohen Alkoholsteuern. In Schweden waren solche Online-Bestellungen bislang verboten, weil sie das staatliche Einzelhandelsmonopol für alkoholische Getränke gefährden. Regelmäßig beschlagnahmte der Zoll die Lieferungen.

Vor fünf Jahren konfiszierten die Beamten auch eine Kiste spanischen Rioja, die der pensionierte Arzt Klas Rosengren geordert hatte. Der Göteborger klagte dagegen, und vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg bekam er nun Recht. Nach Ansicht des Gerichts widerspricht das Verbot dem Gebot der Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen in der EU.

Privatimporte via Postversand müssen gestattet werden. Theoretisch wäre für solche Importe die schwedische Alkoholsteuer fällig, allerdings gehen Experten davon aus, dass es in der Praxis fast unmöglich ist, die Steuer einzutreiben.

In Schweden kann man Getränke mit mehr als 3,5 Prozent Alkohol nur im Systembolaget kaufen, einer staatlichen Handelskette. Das Monopol wird mit gesundheitspolitischen Argumenten gerechtfertigt. Insbesondere soll die staatliche Kontrolle Jugendliche schützen. Umfragen zufolge hat die Alkoholpolitik starken Rückhalt in der Bevölkerung.

Die Schweden dürfen Systembolaget auch weiter behalten: Das nationale Monopol wird mit dem Urteil vom Dienstag nicht angetastet. Jedoch könnten im staatlichen Spirituosengeschäft bald die Preise fallen. Wenige Stunden nach der Urteilsverkündung forderten schwedische Politiker eine Senkung der Alkoholsteuer, damit sich Systembolaget gegen die ausländische Billig-Konkurrenz behaupten kann.

Einige der auf Skandinavien spezialisierten Online-Schnapsläden verzeichneten gestern einen so starken Ansturm, dass ihre Webseiten zusammenbrachen. Kläger Klas Rosengren hat noch Wein vorrätig. ,,Ich werde mit Merlot feiern'', sagte er der Zeitung Svenska Dagbladet, ,,der Rioja ist ja noch beschlagnahmt.''

© SZ vom 06.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: