Einwand gegen Freilassung abgelehnt:Dutroux-Komplizin darf Gefängnis verlassen

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Der Protest der Opferfamilien half nicht: Die Ex-Frau und Komplizin des belgischen Kindermörders Marc Dutroux darf vorzeitig das Gefängnis verlassen. Künftig wird sie wohl in einem Kloster leben - unter strengen Auflagen.

Die Ex-Frau und Komplizin des belgischen Kindermörders Marc Dutroux darf nach 16 Jahren Haft das Gefängnis unter Auflagen vorzeitig verlassen. Das entschied das höchste belgische Gericht am Dienstag in Brüssel. Michelle Martin war 1996 mit Dutroux festgenommen und im Jahr 2004 zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Künftig will sie in einem Frauenkloster in Malonne nahe der südbelgischen Stadt Namur leben.

Der Kassationsgerichtshof wies mit seiner Entscheidung die Berufungsanträge von Opferfamilien und eines Staatsanwalts gegen die Entscheidung eines Gerichts in Mons zurück. Das Urteil war in Belgien mit Spannung erwartet worden.

Der grausame Fall Dutroux und das damit verbundene Versagen von Polizei und Justiz hatten das Land in den neunziger Jahren zutiefst erschüttert: Dem Paar wurden die Entführung, Gefangenschaft und Vergewaltigung von sechs Mädchen und jungen Frauen und der Tod von vier Opfern zur Last gelegt.

Nach der Entscheidung zur Freilassung Martins durch das Gericht in Mons von Ende Juli hatte es in Belgien zahlreiche Demonstrationen gegen das Urteil gegeben. Zu Protesten kam es auch vor dem Kloster der "Armen Schwestern der heiligen Klara von Assisi" in Malonne bei Namur, dessen Schwestern sich zur Aufnahme Martins bereit erklärt haben. Die Sicherheitsvorkehrungen der kirchlichen Einrichtung wurden verschärft.

Freilassung unter Auflagen

Die Freilassung ist an ein Dutzend Auflagen zu Aufenthaltsort, dem Verbot von Reisen und eine Psychotherapie geknüpft. Martin hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Anträge auf vorzeitige Haftentlassung gestellt. Erst jetzt genehmigte die belgische Justiz den Antrag, weil der Resozialisierungsplan vorsieht, dass sie künftig im Kloster lebt - ohne aber selbst Nonne zu werden.

Der Anwalt zweier Opferfamilien kündigten schon vor der jüngsten Entscheidung an, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu klagen. "Wir wollen vor ein Tribunal ziehen, das diesen Namen verdient, das uns zuhört und wo wir reden können", sagte Anwalt Georges-Henri Beauthier nach der Anhörung vor Gericht. Die Opfer seien nicht gehört worden.

Ministerpräsident Elio Di Rupo hatte am Montag die Angehörigen von Opfern empfangen und Verständnis für die Gefühle der Familien und der Bevölkerung geäußert. Er sprach von der Allgegenwärtigkeit der Erinnerung an abscheuliche Verbrechen. Die Regierung plant eine Gesetzesreform, die Haftentlassungen erschweren soll.

Martins Anwalt Thierry Moreau appellierte indes an die belgische Gesellschaft, die Rechte seiner Mandantin zu achten - auch wenn diese fraglos die fundamentalsten Rechte anderer Menschen verletzt habe. Und auch Dutroux' Rechtsbeistand meldete sich zu Wort. In der Zeitung Het Nieuwsblad sagte Ronny Baudewijn, dass sein Mandant angesichts der jüngsten Entwicklungen natürlich auch "die Hoffnung hege, eines Tages das Gefängnis verlassen zu können."

© Süddeutsche.de/dpa/vks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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