Ein Anruf bei...:Johannes Randolf, Erfinder von Krabbel-Workouts für  Erwachsene

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Baby-Bewegungen als Fitnessübung: Physiotherapeut und Buchautor Johannes Randolf bei der Körperarbeit. (Foto: Hongwei Tang)

In den USA gibt es bereits Krabbel-Kurse. Auch die ersten Fitnessstudios in Europa bieten Kriech-Übungen für Erwachsene an. Randolf hat ein Buch dazu geschrieben.

Interview von Titus Arnu

Das Trainingskonzept klingt babyleicht: Auf alle viere, fertig, los. "Crawling" ist angeblich der neue Fitnesstrend. In den USA gibt es bereits Krabbel-Kurse, auch die ersten Fitnessstudios in Europa bieten Kriech-Übungen für Erwachsene an. Der österreichische Physiotherapeut und Tanzpädagoge Johannes Randolf, 49, hat Krabbel-Work-outs entwickelt und ein Buch dazu geschrieben: "Krabble! Training für Körper und Gehirn mit den Bewegungen eines Babys" (Edition A).

SZ: Herr Randolf, krabbelnde Babys sind ja süß, aber krabbelnde Erwachsene? Sieht das nicht unwürdig aus?

Randolf: Klar, am Anfang wird das Crawling gerne belächelt. Aber es wird auch unterschätzt. Ich unterrichte Tanz an der Anton Bruckner Universität in Linz und habe mit meinen Studenten Krabbel-Einheiten gemacht. Die kamen mir am nächsten Tag rückwärts die Treppe runter entgegen, so schmerzhaft war ihr Muskelkater.

Vor dem Krabbeln waren Tierbewegungen angeblich der letzte Fitness-Schrei.

Ja, "Animal Move" hieß das. Nach dem Motto: Beweg dich wie ein Krokodil, wie ein Leguan, wie eine Schlange. Aber es wird dabei nicht gut genug darauf geachtet, dass die Wirbelsäule richtig belastet und trainiert wird. Crawling ist intelligentes Fitnesstraining, das geht zurück zu den ursprünglichen, natürlichen Bewegungen, fernab vom Wiederholen der ständig gleichen Übung.

Was ist denn am Krabbeln intelligent?

Man kann nicht einseitig auf Händen und Knien krabbeln, deshalb ist alles im Körper gleichmäßig belastet. Und wenn man krabbelt, ohne dass die Knie den Boden berühren, dann ist das schon eine ziemlich anstrengende Übung für den gesamten Körper, von den Zehen bis zum Nacken. Beim Krabbeln entsteht eine Bewegungslust, die alle Muskelgruppen funktionell anregt. Und das Gehirn wird dabei auch trainiert.

Und die Ausrüstung? Naheliegend wären Strampelanzug und Stoppersocken.

Nein. Ich empfehle normale Fitnesskleidung und Knieschoner. Für manche Übungen braucht man Sliding Pads, wie man sie beim Pilates verwendet oder Liegestützgriffe, aber stattdessen kann man einfach ein normales Handtuch benutzen.

Wie sind Sie zum Krabbeln gekommen?

Ich hatte von Haus aus eine Affinität zum Boden, denn im zeitgenössischen Tanz sind Bodenübungen wichtig. Nach einer Verletzung habe ich noch mehr am Boden trainiert, was mir sehr geholfen hat.

Macht man das alleine oder beaufsichtigen Sie eher ganze Krabbelgruppen?

Ich arbeite ja hauptsächlich als Physiotherapeut, meine Patienten krabbeln eher einzeln. Das Buch ist für den Endverbraucher gedacht, der mithilfe der Anleitungen zu Hause im Wohnzimmer herumkrabbeln kann. Aber ich habe auch schon Anfragen für Kurse und Ausbildungen. In Österreich gibt es bereits eine Fitness-Kette, die Crawling als Kurs anbietet.

Ist Yoga nicht irgendwie erwachsener?

Man kann natürlich auch Yoga oder Pilates machen, aber da gibt es ganz wenige Übungen, bei denen die Wirbelsäule in ihrer Dreidimensionalität trainiert wird. Beim Krabbeln rotiert die Wirbelsäule, und die Nervenenden werden stimuliert. Außerdem bleibt man nicht auf einem Fleck, sondern bewegt sich fort. Daher ist es auch ein hervorragendes Koordinationstraining.

Haben Sie kleine Kinder, mit denen Sie herumkrabbeln?

Meine Tochter ist sechs, mein Sohn elf Jahre alt. Die interessieren sich eher für Breakdance und Turnen. Aber Krabbeln ist schon eine Familienaktivität, die zusammen Spaß machen kann. Kinder stellen sich da viel besser an als wir Erwachsene.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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