Ein Anruf bei ...:Holger Jensen, Smart-City-Bürgermeister

Lesezeit: 2 Min.

Die 650 Einwohner von Löwenstedt können neuerdings die örtliche Straßenbeleuchtung über ihr Smartphone anschalten.

Interview von Thomas Hahn

Löwenstedt liegt auf der Schleswigschen Geest etwa in der Mitte zwischen Ostsee und Nordsee. Die 650-Einwohner-Gemeinde fällt derzeit mit einer spektakulären Neuerung auf: Per App können die Bürger die Straßenbeleuchtung anschalten.

SZ: Herr Jensen, ist das Licht gerade an?

Holger Jensen: Am Tag kann man das gar nicht anschalten, nur nachts ab 23 Uhr bis morgens um 5.30 Uhr, für zwölf Minuten.

Weil die Leute Löwenstedt sonst nach Laune an- und ausknipsen würden.

Ja. Er kann das so programmieren, dass man die Straßenbeleuchtung nur zu einer bestimmten Zeit einschalten kann - und jeder nur einmal pro Nacht.

"Er"?

Der Informatiker Simon Hansen, ein echter Löwenstedter, der wie alle hier jeden anderen Löwenstedter kennt. Der kam auf uns zu und fragte, ob wir das nicht als Pilotprojekt machen wollten. Um Strom zu sparen, ist die Straßenbeleuchtung von eins bis halb sechs ausgeschaltet. Als Simon Hansen mal nachts von einer Party heimging, dachte er, Licht wäre schön. Das hat er dann mit der App verwirklicht. Seit Dezember haben sich fünf bis zehn Prozent der Bürger dafür registrieren lassen.

Sie waren gar nicht skeptisch?

Doch, sehr. Ob wir damit was einsparen. Ob Leute damit Unwesen treiben. Aber Simon hat das der Gemeinde vorgestellt, natürlich auf Plattdeutsch; alle Gemeindesitzungen werden bei uns auf Plattdeutsch abgehalten. Er hat uns überzeugt. Jetzt kann jeder von der Schlafstube aus in Löwenstedt das Licht anmachen - sofern er sein Smartphone mit zu Bett nimmt.

Warum sollte man das wollen?

Wenn ungebetene Gäste im Dorf sind, die Leute sich unsicher fühlen zum Beispiel. Außerdem schnappt man Diebe leichter.

Wer das Licht anschaltet, schaltet es also gleich im ganzen Dorf an?

Ja. Man könnte das auch in Straßenzüge unterteilen, aber dazu ist unser Ort zu klein. Wir haben nur 107 Straßenlaternen, alle im Ortskern. Wer außerhalb wohnt, auf einem entlegenen Hof, kriegt davon nichts mit. Der will dort auch kein Licht.

Aber nicht jeder hat ein Smartphone.

Deshalb tüftelt Simon Hansen ja auch weiter. Die Gastwirtschaft soll einen Knopf bekommen, auf den jeder nur draufhauen muss, und dann geht ganz Löwenstedt an.

Knöpfe für Gaststätten, klingt aufwendig.

Wir haben nur eine. Immerhin, andere Orte in unserer Größe haben gar keine. Unsere Gemeinde ist sehr aktiv, wir haben einen riesigen Sportverein, es gibt viele Feste. Deshalb kommt es oft vor, dass Löwenstedter erst nachts nach Hause gehen.

Löwenstedt ist jetzt also ein Smart Village.

Wir sind wahrscheinlich tatsächlich Vorreiter. In einer Stadt wie Hamburg kann ein Informatiker eben nicht so einfach den Bürgermeister anhauen wie hier auf dem Dorf.

Aber die mittelalterliche Internetanbindung auf dem Land ...

Wir sind besser versorgt als manche Stadt. Wir haben unser Glasfasernetz selbst ausgebaut, über eine Gesellschaft mit 59 anderen Gemeinden. Jeder Bürger hat dafür etwa 1000 Euro gegeben. Jetzt haben wir vier Hotspots im Ort. Und jeder noch so weit entfernte Löwenstedter Hof hat schnelles Internet. Nicht schlecht, was?

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: