Die August-Wahl:Menschen des Monats

Lesezeit: 5 min

Jeden Monat stellt sueddeutsche.de fünf Menschen vor, die in den vorherigen vier Wochen aufgefallen sind. Nun haben Sie den Menschen des Monats gewählt - der für seine Liebe sogar zu Staatschefs reist.

Katja Schnitzler

Jeden Monat gibt es Absteiger und Aufsteiger, Absahner und Abenteurer, Philosophen und Politiker, Wirtschaftler und Wissenschaftler, die die Nachrichten bestimmen.

(Foto: Montage: Vera Thiessat)

Daneben fallen Menschen auf, die uns berühren und etwas bewegen, die unterhalten oder aufregen, oder deren Schicksal uns aus dem Alltag reißt.

Aus diesen Menschen wählt sueddeutsche.de jeden Monatsersten fünf aus und stellt sie in kurzen Porträts vor.

Von diesen fünf haben Sie nun den Menschen des Monats gewählt:

Klarer Gewinner des Titels "Mensch des Monats" ist mit fast der Hälfte der Stimmen ...

Gegenvorschläge: Wer ist Ihr Mensch des Monats?

Renate Hong, die Staatschefs einschaltet, um die Liebe ihres Lebens wiederzutreffen

(Foto: Foto: dpa)

Mit 18 Jahren traf Renate Hong an der Uni Jena ihre große Liebe: Ok-geun, ein Student aus Nordkorea. "Das war die schönste Zeit meines Lebens", sagt die damalige Chemie-Studentin. Obwohl Pjöngjang verboten hatte, dass das Ehepaar zusammenwohnte, selbst als der erste Sohn Peter geboren wurde.

Sechs Jahre waren die Hongs glücklich, bis 1961. Dann beschloss die Regierung im April, alle Nordkoreaner aus der DDR nach Hause zu beordern, denn einigen war die Flucht in den Westen gelungen. Damals war der zweite Sohn der Hongs, Uwe, bereits unterwegs - kein Grund zu bleiben, entschied das Regime, welches die Ehe des Koreaners und der Deutschen niemals anerkannte.

50 Briefe schrieb Ok-geun in den ersten zwei Jahren an seine Frau in der Ferne, dann riss der Kontakt plötzlich ab. Renate Hongs Briefe kamen unbeantwortet zurück.

Sie versuchte alles in der DDR Mögliche, ihren Mann wieder zu sich zu holen, doch Pjöngjang stellte sich stur. Irgendwann gab sie auf - ihr Leben als alleinerziehende Lehrerin kostete zu viel Kraft.

1989 ließ sie die Ehe annullieren - ein anderer Mann kam für sie dennoch nie in Frage.

Dann gab ihr der Zufall wieder Hoffnung: Sie traf einen südkoreanischen Historiker in Jena, der ihren Fall ins Internet stellte, eine Zeitung griff ihn auf, das südkoreanische Rote Kreuz fing an, Ok-geun Hong zu suchen. Und wurde fündig.

Im August reiste die inzwischen 70-Jährige nach Seoul, sie will Südkoreas Präsidenten Roh Moo Hyun um Hilfe bitten: Dieser soll bei seinem Treffen im Oktober mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il ein gutes Wort für das Ehepaar einlegen.

"Ich hatte solche Angst, dass mein Mann tot sein könnte", sagt Renate Hong.

Nun hofft sie auf ein Wiedersehen. Nach 46 Jahren.

Selbst ein König hatte gegen die Liebe keine Chance und landete mit 30 Prozent der Stimmen auf Platz zwei ...

Gegenvorschläge: Wer ist Ihr Mensch des Monats?

Franck Ribéry, König des Fußballs

Franck Ribéry hat nicht nur die Trikotnummer sieben von Mehmet Scholl übernommen. Wie diesem gelingt es dem Franzosen, dass sogar Fans anderer Klubs ihn bewundern - obwohl er für den FC Bayern spielt.

In der Bundesliga ist er der Hauptdarsteller, endlich dürfen die Sportreporter auch hier wieder vom "Ballzauber" schreiben.

Natürlich bleibt auch den Spielern anderer Mannschaften nicht verborgen, wo der Ball langrollt - sie versuchen mit allen Mitteln, den Bayern-Star zu stoppen. Bislang vergebens.

In des Fußballers Heimat titelte die französische Sportzeitschrift L'Equipe: "Kaiser Franck". Und lag damit etwas daneben, denn Ribéry macht nicht Beckenbauer Konkurrenz, er hat längst einen anderen Titel.

Einen Coup landete ein Sportartikelhersteller, der ein riesiges Werbeplakat an der Münchner Theatinerkirche anbringen ließ, darauf: der Franzose in des Königs alten Kleidern, im König-Ludwig-Mantel.

Bayern hat wieder einen König, steht auf dem Plakat.

Aber was für einen.

Im Beruf blieb er stets im Hintergrund und hatte trotzdem eine tragende Rolle: Dieser Künstler erhielt 13 Prozent der Stimmen...

Gegenvorschläge: Wer ist Ihr Mensch des Monats?

Michael Ballhaus, Kameramann und intimer Kenner Hollywoods

Hinter der Kamera ist er eine Legende, in Deutschland und weltweit. Allein mit Rainer Werner Fassbinder dreht er 17 Filme - sein persönliches Ticket nach Hollywood. Er wird der Lieblingskameramann von Martin Scorsese, auch bei "Departed - Unter Feinden" war Ballhaus verantwortlich für alle Kamera- und Lichteffekte. Nun zieht sich der Meister des Bildes mit 72 Jahren aus dem Geschäft zurück, aber das macht er nicht leise.

Seine Rückkehr nach Deutschland nutzt Ballhaus, um Einblicke in die Seele und die Strukturen Hollywoods zu geben, in die Zwänge, denen Regisseure und Visionäre unterliegen. Er berichtet über die Macht des Kapitals der großen Studios: "Es ist noch viel härter geworden."

Seit seinem Interview mit dem SZ-Magazin wissen wir, dass John Travolta sich seinen Text einfach nicht merken kann, man Bill Murray und Richard Dreyfuss besser nicht allein in einem Raum lässt, und dass Kontakte zur realen Mafia einen Film durchaus voranbringen können.

Neben seinen wunderbaren Aufnahmen verdanken wir Michael Ballhaus nun auch die beruhigende Erkenntnis: Selbst die großen Regisseure dürfen bei der Arbeit nicht alles machen, was sie wollen.

Und Ärger mit dem Chef gibt es auch in einer Traumfabrik.

Seine Muskelspiele kamen nicht an: Nur sieben Prozent der Stimmen entfielen auf diesen Machtmenschen ...

Gegenvorschläge: Wer ist Ihr Mensch des Monats?

Wladimir Putin, russischer Präsident und Muskelspieler

Dass er auf der politischen Bühne gerne den starken Mann markiert, war bekannt. Nun lud Russlands Präsident auch noch ins sommerliche Sibirien zur Muskelschau. Nun hat der ehemalige Geheimdienstler gut lachen, schließlich berichtete die Weltpresse über sein Imponiergehabe. Da soll ihm der Westen ja nicht komisch kommen.

Prompt mussten die Beobachter Ende des Monats feststellen: In Moskau entwickelt sich ein neuer Stil in der Außenpolitik: Zwischen der Europäischen Union und Russland stehen die Zeichen auf Konfrontation statt auf Kooperation. Und ganz plötzlich gibt es wieder Probleme bei der Öllieferung.

Diese neue Politik zeichnete sich mit dem Ausziehen des Hemdes ab. Auch Putins Kollege in Frankreich hatte im Urlaub seinen Oberkörper entblößt. Statt Eindruck machte er sich allerdings zum Gespött, da er weniger Muskeln als Speckröllchen präsentierte.

Zumindest George W. Bush, auch Meister der neuen testosteronschweren Bildsprache, hat sein T-Shirt bisher angelassen.

Diese Frau hatte die Gabe, sich Feinde zu machen - und ist mit drei Prozent der Stimmen das Schlusslicht der Menschen des Monats ...

Gegenvorschläge: Wer ist Ihr Mensch des Monats?

Leona Helmsley, meistgehasste Millardärin New Yorks

Ihre Spitznamen waren wenig schmeichelhaft, und das wohl nicht ohne Grund: New Yorks Ex-Bürgermeister Ed Koch nannte sie "die böse Hexe des Westens", ihr Leben wurde unter dem Titel "Queen of Mean" ("fiese Königin") verfilmt. Leona Helmsley hatte es verstanden, sich Feinde zu machen.

Zwar spendete die Exzentrikerin Millionen Dollar für Wohltätigkeitsorganisationen, doch rettete dies ihren Ruf nicht. Besonders gegenüber ihren Mitarbeitern soll sie sich mehr als knauserig verhalten haben, schon bei den geringsten Anlässen feuerte sie die Angestellten.

Als ihr Sohn mit 40 Jahre starb, warf sie dessen Witwe aus dem Haus.

Endgültig wurde ihr Ruf ramponiert, als sie gemeinsam mit ihrem Mann Harry Helmsley 1988 der Steuerhinterziehung angeklagt wurde: Leona Helmsley wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, sie verbüßte davon 21 Monate.

Nicht nur das Urteil hing ihr bis an ihr Lebensende nach, sondern vor allem ein Satz, den eine frühere Haushälterin weitergab. Leona Helmsley habe erklärt: "Wir zahlen keine Steuern. Nur kleine Leute zahlen Steuern."

Das frühere Mannequin finanzierte ihr Luxusleben mit dem Trick, jede persönliche Ausgabe auf die Hotelbilanzen abzuwälzen. Darunter fiel nicht nur Unterwäsche für 12,99 Dollar, sondern auch ein Marmortanzboden im eigenen Haus für eine Million Dollar.

Sie besaß außer dem Helmsley Park Lane Hotel am Central Park auch einen Mehrheitsanteil am Empire State Building.

1997 starb ihr dritter Mann Harry Helmsley mit 87 Jahren. Damals erklärte die "Hotelkönigin": "Mein Märchen ist vorbei."

Am 20. August erlag sie einem Herzversagen, im selben Alter wie ihr Mann. Auch nach ihrem Ableben sorgt die Hotelmagnatin noch für Schlagzeilen: Während zwei ihrer vier Enkel leer ausgehen, vermachte sie zwölf Millionen Dollar ihrem Schoßhund namens Trouble.

Ihrem Ruf als arrogante Exzentrikerin blieb sie so treu bis in den Tod.

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