Anderlecht bei Brüssel:Imam stirbt bei Anschlag auf Moschee

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In einem Einwandererviertel der Brüsseler Hauptstadtregion betritt ein Mann die örtliche Moschee, zieht Axt und Messer und legt ein Feuer. Der Imam der Gemeinde stirbt, eine weitere Person wird verletzt. Der mutmaßliche Täter kann sofort festgenommen werden.

In dem Viertel nahe des geschäftigen Brüsseler Südbahnhofs (Gare du Midi/Zuidstation) in der Hauptstadtgemeinde Anderlecht leben vorwiegend Immigranten, viele von ihnen stammen aus muslimischen Ländern. Der Imam der Rida-Moschee hält sich im ersten Stock des Gebetshauses auf, als ein Mann das Gebäude betritt. Er zieht eine Axt und ein Messer und legt Feuer in der Moschee. Der 46 Jahre alte Imam atmet giftige Dämpfe ein. Später finden ihn die Einsatzkräfte tot. Er ist an einer Rauchvergiftung gestorben. Eine zweite Person überlebt den Anschlag leicht verletzt.

Die Hintergründe des Anschlags sind noch völlig unklar. Besuchern eines Gottesdienstes gelang es, den Attentäter direkt nach seiner Tat am frühen Montagabend in einem Raum der Moschee festzuhalten. Der mutmaßliche Täter sei nach eigenen Angaben ein 1978 geborener Muslim, sagte der Sprecher der Brüsseler Staatsanwaltschaft, Jean-Marc Meilleur. Die Angaben konnten jedoch zunächst nicht bestätigt werden, da der Mann keine Papiere bei sich trug. Polizeisprecherin Marie Verbeke sagte, für Angaben zu möglichen Hintergründen der Tat sei es noch "zu früh". Aufgrund von Aussagen von Augenzeugen verdächtigen Vertreter der schiitischen Gemeinde die Salafisten-Bewegung, hinter dem Brand zu stecken.

Am Abend sammelten sich neben zahlreichen Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr auch Dutzende Anwohner am Schauplatz des Attentats in der Rue Docteur de Meersman/Dokter de Meersmanstraat, der belgische Rundfunk berichtete von Hunderten Menschen. Zwar hatte die Feuerwehr den Brand gelöscht, die Flammen hatten sich aber sehr schnell in dem Gebäude ausgebreitet, da der Attentäter Brandbeschleuniger, vermutlich Benzin, benutzte. Doch die Moschee sei "komplett oder fast vollständig" ausgebrannt, sagte Polizeisprecherin Verbeke.

Die belgische Innenministerin Joëlle Milquet verurteilte den Anschlag "auf das Entschiedenste". Die Gleichstellungsministerin der Hauptstadtregion, Fadila Laanan, äußerte sich "entrüstet": Nichts könne diese feige Tat entschuldigen, schrieb sie auf Twitter.

Zuletzt wurde 1989 ein Brüsseler Imam Opfer eines Mordanschlags. Damals erschoss ein Unbekannter den Leiter der Großen Moschee, den saudiarabischen Geistlichen Abdullah Muhhammad al-Ahdal. Den belgischen Ermittlern ist es bis heute nicht gelungen, die Tat restlos aufzuklären. Eine proiranische libanesische Gruppierung bekannte sich damals zu dem Anschlag. Sie warf dem Imam eine zu gemäßigte Haltung, insbesondere in Hinblick auf den Autor Salman Rushdie vor. Fast 20 Jahre später, 2008, wurde der marokkanisch-belgische Chef eines radikalislamischen Netzwerks in Marokko, Abdelkader Belliradsch, unter anderem wegen dieses Mordanschlags angeklagt. Im Juli 2010 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/AFP/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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