Bräuche zum 1. Mai:Marienverehrung und Maibaumklau

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Im Mai wird protestiert, Trachtler klauen Maibäume und im Harz tanzen die Hexen. Die meisten Traditionen speisen sich aus Sagen und historischen Ereignissen.

Hans Kratzer

Die deutsche Lyrik wäre nur halb so bunt, wenn es die Maienzeit nicht gäbe. ,,Dieser Monat ist ein Kuss, den der Himmel gibt der Erde, dass sie jetzund seine Braut, künftig eine Mutter werde'', schwärmte der Barockdichter Friedrich von Logau (1604-55), und in eben diesem Sinne schilderten auch die Poeten Goethe und Schiller den Mai als Sinnbild für das blühende, wenn auch vergängliche irdische Leben.

In Oberbayern klaut man zum 1. Mai traditionell die Maibäume. (Foto: Foto: ap)

Obwohl der Klimawandel das Erwachen der Natur in den April verlegt, bleibt der Mai dennoch die hohe Zeit des Frühlings und des Umbruchs. Am Anfang stehen unruhige Tage, die einst geprägt waren von Gesindewechsel, Zinseintreibung, Arbeiterprotest und der berüchtigten Walpurgisnacht vor dem 1. Mai.

Auf dem im Harz gelegenen Blocksberg, so erzählte man sich früher, hielten die Hexen in dieser Nacht ein schauerliches Treffen ab. Tatsächlich speisen sich viele Mai-Traditionen aus Sagen und historischen Ereignissen.

Das offenbarte sich auch im vergangenen Herbst, als Papst Benedikt XVI. seine bayerische Heimat besuchte. Sein Weg führte das katholische Kirchenoberhaupt sogleich zum Münchner Marienplatz, wo der erzkatholische Kurfürst Maximilian I. anno 1638, mitten im Dreißigjährigen Krieg, eine Mariensäule aufstellen ließ. Sie gilt seither als der geistliche und geographische Mittelpunkt des Landes.

Von nachhaltiger Wirkung war, dass der Kurfürst die Gottesmutter Maria zur Schutzpatronin Bayerns erhob. Sogar seine Feldzüge legte er auf die Marienfeiertage des Monats Mai, in dem die Marienverehrung bis heute am stärksten zum Ausdruck kommt.

Die Pilger nehmen oft weite Fußmärsche auf sich, um vor den marianischen Gnadenbildern zu beten, sei es in Altötting, Andechs, Birkenstein oder in Maria Eich. Abendliche Maiandachten aber werden praktisch in jeder Kirche gefeiert.

Ihre Zahl wird höchstens noch von jener der Maibäume übertroffen, die am 1. Mai in vielen Dörfern Süddeutschlands unverdrossen aufgestellt werden. Ob der Maibaum nun ein Fruchtbarkeitssymbol darstellt und ob der Brauch bereits seit dem Mittelalter bekannt ist, darüber wird viel spekuliert - unstrittig ist, dass schon viele Maibäume gestohlen wurden. Denn das gehört zum Brauchtum unverzichtbar dazu.

Will das Dorf ihn wieder haben, muss es für die Diebe mindestens eine Brotzeit und ein Fassl Bier springen lassen. Das sollte möglichst ein Maibock sein, ein dunkles Starkbier, wie man es sonst nicht so leicht bekommt.

Eine herausragende Rolle spielt der Bierkonsum auch am Vatertag, der auf den kirchlichen Festtag Christi Himmelfahrt fällt und diesen mittlerweile in den Hintergrund gedrängt hat. So exzessiv wie das Vatertags-Bier wird die Maibowle nicht vertilgt.

Immerhin wird sie schon im 9. Jahrhundert als medizinisches Getränk zur Stärkung von Herz und Leber erwähnt. Gut passt sie deshalb zu dem seit hundert Jahren gefeierten familiären Muttertag, der geradezu das Gegenteil des eher laut und derb begangenen Vatertags darstellt.

© SZ Primetime vom 30.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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