Biobrause Bionade:Brisante Mischung

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Im Glanz der erfolgreichen Bionade wollen sich viele sonnen, nun geht der Erfinder der Ökobrause gegen den Discounter Plus vor - wegen dessen "Maltonade".

Claudia Fromme

Es war nur eine Frage der Zeit, und fast schon wunderte man sich in der Rhön über die verdächtig lange Ruhe. Viele Jahre ist es her, dass im fränkischen Ostheim die Erfindung der Bionade die Privatbrauerei Peter vor der Pleite rettete.

Kultgetränk Bionade: Mittlerweile ist die Brause in Deutschland auf Platz drei hinter Fanta und Sprite. (Foto: Foto: Reuters)

Inzwischen läuft in diesem Jahr alles wacker auf 200 Millionen verkaufte Flaschen zu. Konkurrenz gibt es so gut wie keine, hat Bionade sich als erste gebraute Biobrause seinen Markt doch selbst geschaffen und sich im Pop-Design sogar erfolgreich als probates Getränk für die Abendgestaltung etabliert.

Jahrelang aber passierte: nichts. Im Juni dann machte ein Außendienstmitarbeiter der Bionade GmbH in einer Filiale des Discounters Plus einen Fund, der so oder ähnlich zu erwarten war, den Ostheimern aber dann doch extrem sauer aufstieß: Maltonade.

Ähnlichkeiten mit Bionade scheinen nicht rein zufällig. Das Design der Plusbrause, von der Frankfurter Brauerei in Brandenburg hergestellt und vom Discounter als "Trendgetränk" annonciert, erinnert an die Frankenbrause. Auch die Sorten ähneln sich. Bei Plus gibt es: Kräuter, Holunder-Cranberry, Orange-Kiwi und Mango-Chili. Aus Franken gibt es: Kräuter, Holunder, Orange-Ingwer und Litschi. Ein halber Liter Maltonade kostet 55 Cent, so viel wie 0,33 Liter Bionade.

Gebraut, nicht gerührt

Beim Landgericht Hamburg erwirkte die Bionade GmbH unlängst eine einstweilige Verfügung, gegen Plus und die Frankfurter Brauerei. Gehörig störe Marketingchef Wolfgang Blum, "dass Maltonade sich optisch an Bionade dranhängt", um so zu suggerieren, dass es sich um ein ähnliches Produkt handele. Das sei nicht der Fall, sagt der Erfinder des Designs der Biobrause, das wesentlich zum Erfolg beigetragen hat. Man habe Maltonade ("mit natürlich fermentiertem Gerstenmalzextrakt") untersucht.

"Die rühren sich da nur irgendwas zusammen", so sein Urteil. Bionade aber ist gebraut, was sie bislang wohl einzigartig macht. Anders als Limos entsteht sie durch Fermentation in einer Brauanlage, die patentierte Herstellung ähnelt größtenteils der des Bieres.

Geschmacklich mäandert die Plusbrause je nach Sorte zwischen leicht sauer und wenig verhalten süß. Während Bionade fruchtig dezentere Töne anstimmt und zurückhaltend prickelt, schlägt Maltonade mit einer extra Portion Kohlensäure eine durchaus härtere Gangart an. Aber: Eine gute Kühlung macht im Abgang viel wett. Manche meinen: Bei Maltonade wie bei Bionade.

Plus-Sprecherin Nicole Dinter erklärt, dass man die einstweilige Verfügung derzeit prüfen lasse. Weil die sich aber auf das Design beziehe und nicht auf das Produkt an sich, sagt sie, werde man weiterverkaufen. Weiter will Plus nicht Stellung nehmen. Während in den 2900 Filialen des bundesweit drittgrößten Discounters Maltonade noch in ausreichender Zahl angeboten wird, ist die Limonade, die das Bio-Siegel trägt, im Onlineangebot von Plus nicht mehr zu finden.

Anna Netrebko gegen den Vogel

Maltonade ist zwar der augenfälligste Nachahmer, Me-too-Produkt genannt, aber lange nicht die einzige Limo, die sich im Glanze der Frankenbrause ("Gute Erfrischung") sonnt. Im Bioladen gibt es inzwischen: "biolimo", "BioZisch" und "InBio", die geschmacklich zwischen Ingwer, Orange und Holunder pendeln.

Edeka verkauft "Bioaqa" (Granatapfel, Lychee), und der österreichische Hersteller Vöslauer verpflichtete unlängst Operndiva Anna Netrebko, die im Fernsehspot mit einem ordentlichen Schluck "Biolimo" (Orange, Zitrone, Himbeere) einen Vogel an die Wand singt. Auch der Billigfilialist Lidl, der beim Biodiscounter Basic einsteigt, soll schon in den Startlöchern stehen.

Lange hat man in der Branche Bionade offenbar unterschätzt. "Die hielten uns für die Doofen vom Land", sagt Wolfgang Blum. Weil in Deutschland aber immer mehr Menschen immer weniger Bier trinken, horcht seit einiger Zeit auch die Konkurrenz auf, die selbst nach Alternativen sucht.

Bionade scheint den Nerv der Konsumenten getroffen zu haben. Die favorisieren zunehmend wenig bis keinen Alkohol, tauschen fruchtig gegen herb und das nicht nur nachmittags in der Cafébar, sondern auch abends im Club. Ein Branchenkenner sagt: "Es gibt nur wenige Brauereien, die noch nicht mit dem Gedanken einer eigenen Bionade-Version gespielt haben."

Die Biobrauerei Neumarkter Lammsbräu hat sich schon einmal die Namensrechte an "Ökonade" sichern lassen. Hinter "Bionaris" soll sich Warsteiner verbergen. Alternativ wird der Name "Aloha" für ein Getränk auf Cerealienbasis aus dem Sauerland gehandelt. Kommentieren wollen beide Unternehmen das nicht. Gegen die Markennamen "Ökonade" und "Bionaris" hat Braumeister Dieter Leipold, der die Bionade erfunden hat, Widerspruch erhoben.

Der weltweit größte Bierbrauer Inbev mit seiner Tochter Beck scheint der Marktreife schon näher: Ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk, Geschmacksrichtung Grapefruit-Litschi und Orange-Pfeffer, wird bereits am Markt getestet. Aus Bremen ist immerhin zu erfahren, dass man den Markt für Erfrischungsgetränke für "sehr erfolgversprechend" halte. Ansonsten: kein Kommentar.

Bionade auf Platz drei hinter Fanta und Sprite

Reiner Klinz von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die in einer aktuellen Studie erhoben hat, dass 80 Prozent aller Brauereien in den nächsten fünf Jahren mit weiter sinkenden Absätzen rechnen, sieht Bionade durch derzeitige Nachahmer nicht stark gefährdet. "Bionade ist nicht nur eine Geschmacksinnovation, sondern auch eine Produktionsinnovation", erklärt Klinz.

Dazu brauche man eine Brauerei und nicht einen Topf. Billige Brausemischer hätten langfristig keine Chance, etablierte Brauereien schon, da sie - auch wegen des Reinheitsgebots - für die Werte Natürlichkeit und Glaubwürdigkeit stünden, was gut zu einem Biogetränk passe. Eine einfache Bionade-Kopie würde einer großen deutschen Marke aber eher schaden, sagt Klinz.

Zudem habe sich Bionade das Verfahren patentieren lassen, daher müsse zwangsläufig ein anderes Produkt entstehen. Schlussendlich dauere dessen Entwicklung bei aller Finanzkraft eines Konzerns eine Weile, Bionade habe da einen Riesenvorsprung. Heute steht sie bundesweit hinter Fanta und Sprite auf Platz drei bei den Brausen.

Arbeiten am globalen Geschmack

In Ostheim hatte Braumeister Leipold acht Jahr getüftelt, um nach Experimenten mit Pilzen und Bakterien im Bügelzimmer seines Wohnhauses Bionade zu entwickeln. Das Rezept, versichert Gesellschafter Blum, befinde sich im Tresor. Kameras sicherten die Brauanlagen. Zudem entwickle man weiter, während andere Brauereien noch forschten. Unlängst habe man das erste isotonische Biogetränk auf den Markt gebracht - Bionade forte.

Bei Bionade gibt man sich selbstbewusst. Man habe keine Angst vor der Konkurrenz, sagt Wolfgang Blum. Dennoch reagiert man äußert sensibel auf Gerüchte aus der Bierbranche. Verließen sich die Bionade-Macher bislang auf Mundpropaganda, starteten sie trotz Lieferengpässen im Mai eine Radio- und Plakatkampagne ("Das offizielle Getränk einer besseren Welt"). Die hippieske Kampagne geriet mitten in die G-8-Diskussion, und Bionade wurde so gleich doppelt beworben.

Die Regale sind inzwischen wieder gut gefüllt, auch in weiten Teilen Europas. Und auch sonst arbeitet man in der Rhön am globalen Geschmack. Vor zwei Wochen ist Geschäftsführer Peter Kowalsky ausgezogen, um den Vertrieb in Amerika und Kanada zu organisieren. Und ja, Coca-Cola habe mal angeklopft, aber das sei wirklich kein Thema mehr, erklärt Kowalsky. Ihm schwebe die Vision eines "weltweiten Volksgetränks" vor. Und das ziehe man alleine von der Provinz aus durch - wie bisher.

© SZ vom 1.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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