Bad Reichenhall:Eine Stadt hält inne

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Die Bürger Bad Reichenhalls gedenken schweigend der Opfer des schlimmsten Tags ihrer Nachkriegsgeschichte: Vor einem Jahr, am 2. Januar 2006, ist das Dach der städtischen Eishalle eingestürzt. 15 Menschen starben.

Heiner Effern

Nur das Knarzen von Schuhen auf Beton ist zu hören. Vor den braunen Holzbrettern mit den fünfzehn Kreuzen stehen schweigend Menschen mit steinernen Mienen. Manche wischen sich Tränen aus den Augen.

Es herrscht beklemmende Stille, als am gestrigen Dienstag um 15.54 Uhr die ersten Glocken zu läuten beginnen.

Fünf Minuten lang gedenkt die Stadt Bad Reichenhall schweigend der Opfer des schlimmsten Tags ihrer Nachkriegsgeschichte: Vor einem Jahr, am 2. Januar 2006, ist kurz vor 16 Uhr das Dach der städtischen Eishalle eingestürzt. Unter den Trümmern kamen 15 Menschen ums Leben.

An der provisorischen Gedenkstätte an der Eishalle, deren Reste weitgehend verschwunden sind, legen die Angehörigen der Einsturzopfer Blumen nieder und zünden Kerzen an.

Wie sehr die Familien das nur schwer fassbare Unglück und der Verlust ihrer Lieben getroffen hat, haben sie am Todestag in einer Beilage im Reichenhaller Tagblatt in Worte zu fassen versucht. ,,Ihr seid immer in unseren Gedanken, in unseren Worten, in unseren Gefühlen, in unseren Träumen, in unseren Herzen. Ihr fehlt uns so sehr'', schreibt ein Ehepaar, das zwei Töchter verloren hat.

"Die Bilder kommen immer wieder hoch, die kann man nicht vergessen"

Während des Geläuts legt Oberbürgermeister Herbert Lackner für die Bürger an der Gedenkstätte einen Kranz nieder und verharrt in einer Minute der Andacht. Es ist der schwerste Gang seiner noch kurzen Amtszeit, die erst nach dem Einsturz begonnen hat.

,,Die Bewältigung des Unglücks mit all seinen Facetten ist eine meiner Hauptaufgaben'', sagte er. In der gesamten Stadt herrsche an diesem Tag eine ,,gedrückte Stimmung''.

Schweigend ziehen Angehörige, Freunde und Bekannte der Verstorbenen anschließend von der Gedenkstätte hinüber in das Münster St.Zeno.

An der Spitze des Zuges gehen Fahnenabordnungen der örtlichen Feuerwehren, des THW und des BRK. Auch für die Helfer und Retter gilt es noch immer, die tragischen Stunden und Tage vom 2. Januar 2006 zu verarbeiten. ,,So leicht legt man das nicht ab. Die Bilder kommen immer wieder hoch, die kann man nicht vergessen'', sagt Franz Schöndorfer, Bereitschaftsleiter der Bergwacht.

In der Kirche, in der die Reichenhaller schon vor einem Jahr Abschied von den Verstorbenen genommen haben, wird ein ökumenischer Wortgottesdienst gehalten.

Doch auch das dürfte nur eine kleine Linderung im großen Schmerz sein, den die Eltern eines verunglückten Buben in der Zeitungsbeilage so beschreiben. ,,Nie mehr Deine Stimme, Dein Lachen, Deine Fröhlichkeit, Deine Streiche, Deine Hand zu spüren ... nie mehr - das ist so schwer auszuhalten.''

© SZ vom 3.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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