Anschlagsserie:Jagd auf Fahrgäste

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In Berlin geht die Angst um. Ein unbekannter Schütze zielt auf Straßenbahnen und Busse.

Gregor Schiegl

"Es war, als würde ein Feuerwerkskörper durch die Scheibe knallen." Was der Fahrgast am Mittwoch Abend im Bus nach Spandau krachen hört, ist aber kein Feuerwerkskörper.

Angst schon beim Einsteigen: Berliner Fahrgäste im Visier eines unbekannten Schützen. (Foto: Foto: dpa)

Es ist ein Schuss. Am Donnerstagabend werden auch im Stadtteil Lichtenberg Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beschossen, am Morgen darauf birst eine Scheibe einer Straßenbahn, wieder in Lichtenberg - möglicherweise, weil eine Kugel sie durchschlagen hat. Seit drei Tagen stehen Berliner Busse und Bahnen im Visier eines unbekannten Schützen.

Schon die zweite Anschlagsserie

Verletzt haben die Schüsse bislang niemanden. Viele der rollenden Zielscheiben waren bereits leer und unterwegs ins Busdepot. In der Berliner Lokalpresse ist trotzdem wieder eine hitzig Debatte darüber entflammt, wie sicher man sich noch in Berlins öffentlichen Verkehrsmitteln fühlen darf.

Die Berliner Morgenpost diagnostizierte eskalierende Gewalt, von "Gangstern" munkelte der Berliner Kurier. Dabei hat die Polizei noch keine Erkenntnisse darüber, wer hinter den Schüssen steckt. "Wenn es keine Zeugen gibt oder die Täter nicht in flagranti erwischt werden, wird es schwer, sie zu überführen", sagte die Pressesprecherin der Berliner Polizei Claudia Frank.

Vor drei Jahren gab es schon einmal eine monatelange Serie von Anschlägen auf Berliner Linienbusse. Der Täter wurde damals gefasst. Einige Male attackierten auch Steinewerfer die Busse, in einem Fall wurde sogar eine mit Nägeln gefüllte Rohrbombe gezündet. Nun ist die BVG abermals ins Fadenkreuz geraten.

"Für uns ist das eine mittlere Katastrophe", sagt Petra Reetz von der BVG. Nicht, weil es bis zu 3.000 Euro kostet, eine Scheibe zu ersetzen, sondern wegen des Imageschadens. "Wir sind darauf angewiesen, dass sich die Leute bei uns sicher fühlen." Die Fahrgastzahlen sind zwar nicht zurückgegangen, aber viele Passagiere sind verunsichert, auch die Busfahrer.

"Als Busfahrer denkst du, du bist der Gute - und dann wird auf dich geschossen." Petra Reetz glaubt zu wissen, warum ausgerechnet die BVG-Busse als Zielscheiben herhalten müssen: "Weil sie groß und gelb sind." Man sieht sie auch im Dunkeln gut - und trifft sie auch als schlechter Schütze.

© SZ vom 11.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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