Air-France-Katastrophe:Schwere Turbulenzen bei der Kommunikation

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Wrackteile gesichtet, geborgen - und dann doch wieder nicht: Jetzt greift Paris die brasilianische Luftwaffe scharf an. Das französische Militär habe noch gar keine Trümmer gesichtet.

Wo ist das Wrack des Unglücksfliegers der Air France, der am Montagmorgen vom Radar verschwand? Nachdem Brasiliens Verteidigungsminister am Dienstag verkündete, man habe Wrackteile gesichtet, fehlt von diesen Trümmern nach wie vor jede Spur. Am Freitagmorgen musste der Sprecher der brasilianischen Luftwaffe, Ramon Cardoso, einräumen, bei den aus dem Ozean gefischten Teilen handele es sich mit 100-prozentiger Sicherheit nicht um Trümmer aus dem Airbus.

Eine Holzpalette schwimmt im Atlantik in der Region der vermuteten Absturzstelle der Air-France-Maschine. (Foto: Foto: AFP)

Inzwischen hat der französische Staatssekretär Dominique Bussereau Brasilien die voreilige Ankündigung zu den angeblich geborgenen Wrackteilen vorgehalten. "Die französische Regierung sagt seit Tagen, dass man extrem vorsichtig sein muss", sagte Bussereau dem französischen Sender RTL. "Unsere Flugzeuge und Schiffe haben bislang gar nichts entdeckt, es waren unsere brasilianischen Freunde, die Dinge gesehen haben, von denen sie glaubten und behaupteten, dass sie zu dem (Air-France-)Flugzeug gehörten", fügte er hinzu.

Der brasilianische Verteidigungsminister Nelson Jobim hatte am Dienstag mitgeteilt, man habe etwa 650 Kilometer nordöstlich der brasilianischen Insel Fernando de Noronha ein Trümmerfeld entdeckt, das sich über rund fünf Kilometer erstrecke.

"Alles deutet darauf hin, dass die Maschine dort abgestürzt ist. Wir gehen davon aus, dass es sich um den Airbus (der Air France) handelt", sagte Jobim. Auch die Angehörigen der Passagiere und Besatzungsmitglieder in Rio informierte er zu diesem Zeitpunkt über die Fundstücke. Es hieß, unter den gesichteten Trümmer befinde sich ein Passagiersitz, eine orangefarbene Boje, Metallteile und eine kilometerlange Spur vermutlich von Kerosin. Spekulationen über eine Bombenexplosion an Bord des Fliegers wies Jobim mit Hinweis auf diese Spur zurück.

Vermeintliche Kerosinspur stammt von Schiff

Doch an diesem Freitag teilte der Luftwaffensprecher mit, bei der Kerosinspur, die Aufklärungsflieger im Ozean gesichtet hatten, handelt es sich um Öl, das von einem Schiff stamme. Die gefundene Menge sei zu hoch, an Bord des Fliegers hätte sich nicht so viel Öl befunden.

Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sagte denn auch bei einem Treffen mit den Angehörigen der Opfer zu Spekulationen, wonach eine Explosion die Maschine zum Absturz gebracht haben könnte: "Keine Hypothese kann beiseitegeschoben werden, aber wir haben keine Beweise."

Frankreich ist für die Untersuchung der Unglücksursache zuständig. Der Minister beeilte sich, zu betonen: "Wir verbergen nichts, und wir hätten auch keinerlei Grund, etwas zu verheimlichen."

Die Einsatzteams der brasilianischen Luftwaffe und der Marine suchen unterdessen weiter nach Wrackstücken der im Atlantik abgestürzten Air-France-Maschine. Die zu durchkämmende Region wurde auf 6000 Quadratkilometer eingegrenzt. Das entspricht etwa der zweieinhalbfachen Fläche des Saarlandes.

Doch bislang fehlt jede Spur - auch von den 228 Insassen des Unglücks-Airbus. 100 Stunden nach dem Unglück sänken die Chancen minütlich, überhaupt noch Insassen der Maschine zu finden, so der Sprecher der brasilianischen Luftwaffe. Für Freitag sagen die Meteorologen schlechte Wetterbedingungen voraus. Dadurch werde die Suchaktion erschwert. Die genaue Absturzstelle des Wracks ist noch völlig unklar.

Unter den Passagieren des Airbus A330 waren 28 Deutsche, wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Berlin mitteilte. Bislang war man von 26 deutschen Passagieren ausgegangen. Nach neuen Erkenntnissen hatten aber zwei der Insassen die doppelte Staatsbürgerschaft. Das jüngste deutsche Opfer war ein zweijähriges Mädchen, das älteste ein 70 Jahre alter Mann.

Airbus sendete widersprüchliche Daten

Die endgültige Antwort auf die Frage nach der Unglücksursache kann lediglich der Flugschreiber liefern. Doch auch von diesem Gerät fehlt bislang jedes Signal. Französische Experten haben kaum Hoffnung, die Black Box zu bergen, da der Atlantik in dem Gebiet zwischen 2000 und 3000 Meter tief ist; das Flugzeugwrack wird in dieser Tiefe vermutet.

Am Donnerstag kamen neue Spekulationen über die Ursache der Katastrophe auf: Die französischen Zeitung Le Monde berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass das Flugzeug mit unangemessener Geschwindigkeit in der Gewitterzone über dem Meer geflogen sei - was auf einen Pilotenfehler hinweisen würde. Allerdings könnten auch starke Winde in der Unwetterzone die Geschwindigkeit des Flugzeugs drastisch verändert haben.

Zu diesen Spekulationen passt auch ein Schreiben von Airbus an die Fluggesellschaften, aus dem das Luftfahrtmagazin Aero zitiert: Demnach schickte das Flugzeug aus der Unwetterzone heraus automatische Fehler- und Wartungsmeldungen an das Wartungszentrum der Air France. Sie zeigen, dass die von verschiedenen Sensoren gemessenen Luftgeschwindigkeitsdaten nicht zusammenpassen.

In dem Schreiben erinnert Airbus die Fluggesellschaften daran, wie sich die Piloten in solchen Fällen verhalten sollen. Sie sollen Schub und Anstellwinkel konstant halten, bis eine Zone erreicht wird, in der wieder konsistente Daten gemessen werden oder eine Fehlersuche möglich ist. Solche Situationen seien nicht ungewöhnlich, und es gebe dafür extra Zulassungshandbücher, erklärte ein Airbus-Sprecher. "Wir wissen nicht, was zu den unterschiedlichen Messungen geführt hat und was danach im Cockpit geschah."

© sueddeutsche.deAP/dpa/hai/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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