Stilkritik:Das Macker-Bike

Sein Abgang gelang Minister Yanis Varoufakis nochmal besonders schneidig: auf seiner Yamaha XJR 1300, einem Motorrad für ganze Kerle.

Von Peter Fahrenholz

Klar, Yanis Varoufakis hat seine Finanzministerkollegen genervt ohne Ende und die Klappe ganz schön weit aufgerissen für einen Mann mit leerer Geldbörse. Aber einen gewissen Stil kann man nicht absprechen. Das gilt nicht nur für seine lässigen Klamotten (möglicherweise hat er dem bequemen Das-Hemd-über-der-Hose-Tragen in der Welt von Politik und Big Business zum entscheidenden Durchbruch verholfen), sondern auch für sein Motorrad . Sicher, der Mann hätte auch mit einer teuren Harley vorfahren können, aber warum mit Chrom und fettem Hinterreifen protzen, wenn es viel cooler und puristischer geht? Die XJR 1300 von Yamaha ist längst ein Kultobjekt, eine Stilikone der Neunzigerjahre, die noch immer Augen und Sinne erfreut. Allein dieses Knistern und Tickern beim Abkühlen des kräftigen Vierzylinders, das schafft nur ein luftgekühltes Triebwerk, von denen es immer weniger gibt. Eine Fachzeitschrift hat über die XJR 1300 mal geschrieben, auf ihr könne man sich noch als "echter Macker" fühlen, weil man schon ordentlich hinlangen müsse beim Kurvenwedeln. Varoufakis vorzuwerfen, dass er als Helm nur die Basisversion einer japanischen Edelmarke trägt, ist übrigens äußerst kleinkariert. Immerhin setzt er, anders als viele seiner Landsleute, überhaupt einen Helm auf, trotz der griechischen Sommerhitze. Wenigstens kann der ihm nicht die Frisur zerdrücken. Noch immer wird die XJR 1300 ohne zeitgemäßes ABS angeboten, was bedeuten könnte, dass ihr irgendwann das Aus droht, auch wegen der immer strengeren Geräusch- und Abgasvorschriften. Dabei wäre das Verschwinden der XJR 1300 viel bedauerlicher als das Verschwinden von Yanis Varoufakis.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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